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Sie sind zwischen 15 und 25 Jahre alt, wurden von Helikopter-Eltern großgezogen und lassen sich nicht so leicht von Karriereverheißungen locken: Derzeit startet die Generation Z ins Berufsleben und fordert die Unternehmen mit ihren ganz eigenen Wünschen und Werten heraus. Manches haben sie mit ihren zwischen 1979 und 1998 geborenen Vorgängern gemeinsam, der Generation Y, in anderer Hinsicht sind sie „überraschend anders“. Das meint Prof. Dr. Susanne Böhlich von der IUBH Internationalen Hochschule (Bad Honnef) im Gespräch mit der Trendinfo-Redaktion und fordert: „Unternehmen müssen sich bei Personalsuche, Personalarbeit und Führungsstil auf die Bedürfnisse der neuen Generation einstellen!“
Kaum haben wir uns an die Generation Y gewöhnt, da spricht das Personalmanagement von der Generation Z: Worin liegt der Unterschied?
Susanne Böhlich: Sowohl die Generation Y als auch die Generation Z sind in einem vergleichbaren Umfeld aufgewachsen, wesentlich geprägt durch fürsorgliche Helikopter-Eltern, die ihre Kinder in jeder Form unterstützen und begleiten. Doch während die Generation Y mit der Überzeugung erzogen wurde: „Du bist was Besonders“, ist die Generation Z mit realistischeren Zielen groß geworden: „Mach, was du gut kannst, nur die Besten sind erfolgreich.“
Die Generation Z denke überraschend anders als die Vorgänger-Generation, stellen Sie in Ihren Untersuchungen fest. Was heißt das konkret?
Susanne Böhlich: Beide Generationen sind von den Ereignissen geprägt worden, die sie in ihrer Jugend erlebt haben: vom Angriff auf das World Trade Center über Unternehmensskandale, Umweltkatastrophen bis zur Finanzkrise. Dies führt zu einer permanenten Unruhe und Unsicherheit. Die Generation Y hat eher mit einem: „jetzt erst recht“ reagiert, möchte beruflich etwas Sinnvolles tun und sich selbst verwirklichen. Die Generation Z agiert da viel vorsichtiger und hat viele Schwierigkeiten im privaten Umfeld erlebt: Arbeitslosigkeit, finanzielle Probleme oder die nicht erfüllten Träume der älteren Geschwister. Sie sind wesentlich realistischer und erwachsener als ihre Vorgänger und finden sich mit den Gegebenheiten ab.
Woher weiß die Wissenschaft eigentlich, welche Einstellungen die Generation Z prägen?
Susanne Böhlich: Dazu gibt es unzählige Untersuchungen, z. B. die McDonald’s Ausbildungsstudie, das Schülerbarometer von Trendence, die Continental-Studentenumfrage, die Shell Jugendstudie oder den Global Shapers Survey vom World Economic Forum, um nur einige zu nennen. Das Problem ist, dass sehr oft alle Befragten im Alter von unter 30 Jahren zusammengefasst werden und keine Trennung zwischen Generation Y und Z vorgenommen wird.
Jeder Mensch ist anders. Bbegünstigen solche Einteilungen nicht das Schubladendenken?
Susanne Böhlich: Der Begriff der Generationen ist durchaus umstritten. Können alle Menschen einer Alterskohorte von anderen Alterskohorten abgegrenzt werden oder ist das eine unzulässige Generalisierung?
Wie ist Ihre Meinung dazu?
Wenn man seine Zielgruppe besser verstehen und daraus Implikationen für das Personalmanagement ableiten will, ist eine Vereinfachung unumgänglich. Der Soziologe Karl Mannheim hat schon 1964 über „Generationserlebnisse“, also prägende Erlebnisse in Kindheit und Jugend geschrieben. Auch Nobelpreisträger Joseph Stiglitz schreibt, die tatsächliche Spaltung der Gesellschaft laufe nicht mehr durch Geschlechter, Bildungsschichten oder Steuerklassen, sondern durch die Generationen.
Was erwartet die Generation Z von der Arbeitswelt?
Susanne Böhlich: Die Generation Z trennt klar zwischen Beruf und Privatleben. Und das Privatleben ist ihr am wichtigsten. Flexible Arbeitszeitmodelle und Home Office sind nur von begrenztem Interesse, fürchtet sie doch, dass Flexibilität einseitig im Interesse des Arbeitgebers ausgelegt wird.
Welchen Cheftyp wünscht sich die Generation Z?
Susanne Böhlich: Führungskräfte sind ihr eher egal. Sie werden weder als Vorbild noch als für die Karriere wichtig wahrgenommen. Immerhin sollen sie die Qualifikation der Generation Z unterstützen und in ihren persönlichen Zielen näherbringen. Positives Feedback wird akzeptiert, sogar erwartet, negatives Feedback wird grundsätzlich als ungerechtfertigt betrachtet und dem Feedbackgeber angelastet, der irgendwie die Schuld hat, dass es eben nicht besser gelaufen ist.
Sie sagen voraus, dass einige Berufe für die Generation Z an Zuspruch gewinnen werden, die von der Generation Y als wenig inspirierend abgelehnt wurden. An welche denken Sie?
Susanne Böhlich: Durch den Fokus auf einem sicheren Job gewinnen plötzlich auch eher traditionelle Berufe wieder an Bedeutung, etwa Verwaltungstätigkeiten mit Verbeamtung. Versprechen sie doch eine klare Struktur mit geregelten Arbeitszeiten. Das gilt natürlich auch für alle Berufe in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft, die diesen Kriterien entsprechen.
Wie sollten sich Unternehmen auf die junge Generation einstellen?
Susanne Böhlich: Wesentlichste Erkenntnis ist, dass es zu einer viel stärkeren Differenzierung und Individualisierung in der Personalführung kommen sollte. Denn es gibt ja auch die Generationen X, Y und die Baby Boomer im Unternehmen, die ihrerseits andere Vorstellungen und Erwartungen haben. Dass man sich auf verschiedene Kulturen einstellen muss, ist mittlerweile in vielen Unternehmen Alltag.
Die Generation Z ist offensichtlich ein schwieriger Bewerber. Können Arbeitgeber deren widersprüchlichen Erwartungen überhaupt genügen?
Susanne Böhlich: Es geht nicht darum, blind den Anforderungen der Generationen zu folgen, sondern die Unternehmen müssen sich überlegen, welchen Anforderungen sie folgen können und wollen.
Arbeitsplatzsicherheit, geregelter Alltag, null Visionen: Die neue Generation scheint einen ausgeprägten Hang zum Spießertum zu haben. Wofür ist sie eigentlich zu begeistern?
Susanne Böhlich: Wenn Sie diese Generation als spießig empfinden – was ich so nicht sehe! – ist die Frage, wie sie dazu geworden sind. Im Amerikanischen gibt es den schönen Begriff der „Bubble-Wrap-Eltern“, benannt nach der Noppenfolie, mit die man zerbrechliche Gegenstände einpackt. Genauso möchten die Eltern ihre Kinder der Generation Z einpacken, um sie vor allem zu schützen. Da brauchen wir uns nicht wundern, dass Sicherheit das Thema für diese Generation ist.
Inwiefern spielt auch das Bildungssystem eine Rolle?
Es hat einen großen Einfluss! Neben der Verkürzung der Schulzeit auf weiterführenden Schulen war die zweite gravierende Veränderung die Bologna-Reform im Hochschulsystem. Nach der verkürzten Schulzeit, die oft genug „denken“ durch „pauken“ ersetzte, folgt im Studium eine feste Struktur mit detaillierten Stundenplänen und „credit points“. Was nicht klausurrelevant ist, ist plötzlich nicht mehr wichtig. Klare Vorgaben und viel Orientierung – das schätzt die Generation Z und wünscht sie sich auch später.
Wir kennen die Generationen X, Y und Z: Was kommt als nächstes? Im Marketing spricht man schon von einer „Generation alpha“. Je schneller der Wandel stattfindet, desto zahlenmäßig kleiner werden die Generationen und desto schneller folgt eine Generation der anderen. Ich bin schon sehr neugierig!
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