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Das Corona-Virus hat vielen Schicksalen und Meinungen öffentlich Gehör verschafft. Doch Familien, Kindern und jungen Erwachsenen war eher die leise Stimme vorbehalten. Ihnen fehlte offenbar ein kräftiges Sprachrohr für ihre Situation. Zwei aktuelle Studien holen Versäumtes nach und liefern damit auch Anhaltspunkte für künftigen Handlungsbedarf. Sie zeigen, dass die Betroffenen von den Schutzmaßnahmen gegen die Pandemie stark beeinträchtigt waren, bei Entscheidungen über einzelne Schritte und Strategien jedoch meist übergangen wurden.
Beide Untersuchungen fragen nach den Erfahrungen und Perspektiven ihrer Zielgruppe in den ersten Monaten der Corona-Pandemie. Die KiCo-Studie widmet sich Familien mit Kindern, die JuCo-Studie Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 15 und 30 Jahren. Hinter den beiden bundesweiten Expertisen steht der Forschungsverbund „Kindheit – Jugend – Familie in der Corona-Zeit“, bei dem die Universitäten Hildesheim, Frankfurt am Main und Bielefeld kooperieren.
Mehr als 25.000 Eltern nahmen gut fünf Wochen nach dem Lockdown an dieser Onlinebefragung (vom 24.4-3.5.2020) zum Familienalltag während der Ausgangsperre teil. Eine hohe Beteiligung ging von erwerbstätigen Müttern in Paarbeziehungen aus.
Abschließend urteilen die Wissenschaftler, dass sich in Familien die sozialen Folgen der Pandemie-Regelungen bündeln. „Familien erweisen sich als eine Art Seismograph, der anzeigt, worin die gesellschaftlichen Probleme derzeit bestehen.“
Mehr als 6.400 Jugendliche und junge Erwachsene machten bei dieser Befragung mit (vom 15.4.-3.5.2020), 75 Prozent der Teilnehmenden waren zwischen 15 und 21 Jahre alt. Einige zentrale Erkenntnisse:
Die beiden Studien KiCo und JuCo bieten einen in Umfang und qualitativer Tiefenschärfe einzigartigen Einblick in die Lebenswelt von Familien, Kindern und jungen Erwachsenen während der Corona-Pandemie. Die von Menschen aller Schichten gemachten Erfahrungen dürften das kollektive Bewusstsein nachhaltig prägen. Was viele Befragte beider Studien weitgehend eint, ist das Bewusstsein von Ohnmacht, Überforderung und Verunsicherung. Sie sehen ihre Befindlichkeit und Interessen unzureichend berücksichtigt, möchten mehr gehört werden und mitgestalten.
Natürlich gibt es auch die andere Seite: Familien, die Gemeinsamkeiten wiederentdeckt, erwerbstätige Eltern, die das Homeoffice schätzen gelernt, Kinder und Jugendliche, die den Lockdown als unerwartete Ferien genossen und genutzt haben.
Doch der kritische Befund überwiegt, und hierin liegt eine wichtige Botschaft an die Politik: Gesellschaftliche Herausforderungen der Pandemie dürfen nicht weiter in den privaten Raum der Familie abgeschoben werden, wo sie dann mehr oder minder unsichtbar sind. Vielmehr sollten sie durch Zeit, Geld und Infrastrukturen speziell für Familien gemildert und gelöst werden, fordern die Autor*innen. Gründliche Informationen für Familien und junge Menschen durch die Entscheidungsträger sowie deren Mitsprache und Mitbestimmung sind Gebot und Chance zugleich, während der anhaltenden Pandemie möglichst breite Akzeptanz und kreative Mitarbeit der Bevölkerung zu sichern.
Autoren beider Studien sind Sabine Andresen / Anna Lips / Renate Möller / Tanja Russack / Wolfgang Schroer / Severine Thomas / Johanna Wilmes.
Zu den Studien siehe die Seite des Instituts für Sozial- und Organisationspädagogik der Stiftung Universität Hildesheim unter: https://t1p.de/studien-corona
Download
https://hildok.bsz-bw.de/frontdoor/index/index/docId/1081 (KiCo)
https://hildok.bsz-bw.de/frontdoor/index/index/docId/1078 (JuCo)
Weitere wissenschaftliche Erkenntnisse siehe Studie „Eltern während der Corona-Krise. Zur Improvisation gezwungen, Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (Hg.),
Download
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