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Digital-Pakt, Pisa, Ganztag – die Schulzeit lässt man niemals hinter sich. Im Zuge der Coronakrise hat das Dauerthema Schule eine Zuspitzung aufs digitale Homeschooling erfahren. Umfragen geben den deutschen Schulen in dieser Disziplin schlechte Noten. Der aktuelle Bildungsmonitor geht schwerpunktmäßig auf die Auswirkungen der Corona-Schutzmaßnahmen ein und skizziert den digitalen Reformbedarf für den Unterricht.
„Stagnation statt Fortschritt“, so lautet der diesjährige schulische Qualitätsbefund des Bildungsmonitors, der seit 2004 jedes Jahr vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erstellt wird. Auftraggeber ist die arbeitgebernahe Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Die Expertise bewertet die Leistungsfähigkeit der Bildung in den 16 Bundesländern unter ökonomischen Gesichtspunkten, fragt also nach deren Beitrag zu Wohlstandssicherung, Aufstieg und sozialer Teilhabe. Bewertet werden zwölf Handlungsfelder, darunter die Betreuungsrelation in Kitas, Klassengrößen, Lese- und Rechenkompetenzen von Neuntklässlern und die Ausgaben eines Bundeslandes pro Schüler*in.
Sachsen und Bayern auf den Spitzenplätzen, Sachsen-Anhalt und Bremen mit der roten Laterne, NRW in der zweiten Hälfte auf dem 12. Platz: Zwischen den Bundesländern herrscht eine stattliche Bildungskluft.
Insgesamt, so resümiert die Studie, hat die Qualität der Bildungssysteme in den Ländern seit 2013 kaum zugelegt, wohl aber kam es zu Veränderungen in einzelnen Handlungsbereichen.
Diese ausgewählten Zahlen belegen deutliche Probleme des Bildungssystems hierzulande; die Corona-Pandemie könnte zu einer „weiteren Verschärfung“ vor allem in den Defizitbereichen Schulqualität, Integration und Bildungsarmut führen. „Durch Schulschließungen und Unterrichtsausfall fallen gerade Kinder aus bildungsfernen Haushalten, von Alleinerziehenden und Familien mit Migrationshintergrund zurück“, konstatiert Studienleiter Axel Plünnecke.
Eine zeitgemäße digitale Ausstattung der Schulen hätte die Probleme per Fernunterricht zumindest mildern können, sind die Forscher*innen überzeugt. Angesichts der mangelhaften Ausstattung allerorten bescherte der Lockdown den Einrichtungen jedoch einen regelrechten „Kaltstart“. „Es hapert noch immer an der technischen Ausstattung der Lehrer und Schulen sowie an geeigneten Unterrichtsstrategien, um einen guten digitalen Unterricht zu gestalten.“
Diese Kritik wird durch eine aktuelle Elternbefragung des Digitalverbands Bitkom bekräftigt. Demnach meinen neun von zehn Bürger*innen, dass die Pandemie die Defizite bei der Digitalisierung der Schulen schonungslos offengelegt habe, etwa ebenso viele fordern, alle Schulen in die Lage zu versetzen, noch in diesem Schuljahr per Homeschooling unterrichten zu können.
Um der Gefahr verschärfter Ungleichheit der Bildungschancen entgegenzuwirken, müsse die Digitalisierung der Schulen vorangetrieben und die Förderinfrastruktur ausgebaut werden, argumentiert die INSM-Studie. Wichtigste Maßnahmen:
Darüber hinaus wichtig sind auf das Infektionsgeschehen abgestimmte Konzepte von Präsenz- und Fernunterricht für einzelne Klassen, Stufen und Schulen. Außerdem, so Plünnecke, müssten vorausschauende Überlegungen darauf abzielen, wie Lehrer in den digitalen Unterricht eingebunden werden, die aufgrund von Vorerkrankungen nicht im Regelbetrieb tätig werden können.
Die derzeit stark coronabezogene Diskussion darf den umfassenden Reformbedarf im Kontext der Schulentwicklung nicht außer acht lassen. Im Mittelpunkt steht dabei die Stärkung der Bildungsbeteiligung von benachteiligten Gruppen, unterstreicht die Studie. Das betrifft insbesondere den Ausbau von Betreuungsplätzen im frühkindlichen Bereich und in der Grundschule, des Weiteren Sprachförderung und kontinuierliche Verbesserung pädogischer Konzepte. Erhöhte Mittelzuweisungen sollten sich nach einem Sozialindex richten, Lehrkräfte für besondere Leistungen in den Schwerpunktschulen zusätzlich honoriert werden.
Christina Anger / Axel Plünnecke, Bildungsmonitor 2020.
Schulische Bildung in Zeiten der Corona-Krise. Institut der deutschen Wirtschaft im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft,
Köln 2020, 244 Seiten
Download
Digitalverband Bitkom, Corona-Note „mangelhaft“: Eltern gehen mit Schulen hart ins Gericht, Umfrage August 2020
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