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Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit sind alles andere als ein Randphänomen. Laut Bundesgesundheitsministerium leidet fast jeder dritte Mensch im Laufe seines Lebens an einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung. Besonders verbreitet sind Depressionen, Alkoholerkrankungen, bipolare Störungen und Schizophrenien.
Ungeachtet zahlreicher Aufklärungskampagnen und der engagierten Arbeit zahlreicher Akteur*innen erleben Betroffene noch immer Ausgrenzungen und Benachteiligungen – sowohl privat als auch gesellschaftlich. Das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit weist darauf hin, dass Menschen, die an Schizophrenie erkrankt sind, häufig pauschal als gewalttätig oder unberechenbar eingeschätzt werden. Ein anderes Vorurteil besagt, dass Menschen mit Depressionen oder einer Suchterkrankung lediglich zu wenig Selbstdisziplin hätten.
Vor diesem Hintergrund verleihen die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. (DGPPN) und das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit jährlich den „Antistigma-Preis“. Damit werden Projekte, Institutionen oder Selbsthilfeinitiativen gewürdigt, die sich für eine verbesserte gesellschaftliche Integration von betroffenen Menschen und deren Familien einsetzen.
Im Dezember 2023 ging das Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro zu gleichen Teilen an die AETAS Kinderstiftung KinderKrisenIntervention in München sowie an das Lehrprojekt #weilwegschauennichtdrinist! der Fachhochschule Graz. Einen Anerkennungspreis, allerdings ohne Preisgeld, erhielt die Lichtenberger Initiative für Gesundheit und Arbeit (L.IGA).
Wenn Kinder, Jugendliche und ihre Bezugspersonen durch stark belastende Lebensereignisse in Not geraten und nicht mehr weiterwissen, ist es wichtig, so früh wie möglich zu handeln. Anlässe sind insbesondere unerwartete Todesfälle nahestehender Menschen, wie durch einen Unfall oder einen Suizid. Auch angesichts eines lebensbedrohlichen medizinischen Notfalls oder des bevorstehenden Todes eines Elternteils können Kinder den Boden unter den Füßen verlieren.
Die gemeinnützige AETAS Kinderstiftung hat es sich zur Aufgabe gemacht, im Akutfall zu helfen und eine frühzeitige Verarbeitung von Traumata zu unterstützen. Dadurch ist es möglich, die Entstehung psychischer Erkrankungen zu verhindern.
Die professionelle Krisenintervention ist kostenlos und wird durch Spenden finanziert. Sie beruht auf dem Frühinterventionskonzept der „Aufsuchend Psychosozial-Systemischen Notfallversorgung“ APSN, die Tita Kern zusammen mit Simon Finkeldei entwickelt hat. Beide verantworten die fachliche Leitung der AETAS Kinderstiftung, die von Florian Rauch, dem ehrenamtlich tätigen Geschäftsführer, gegründet wurde. Die ebenfalls ehrenamtlich tätige stellvertretende Geschäftsleiterin Nicole Rinder hat die Stiftung mit initiiert.
Auf ihrer Website informiert die AETAS Kinderstiftung unter anderem über das Projekt „Kurswechsel“, das Hilfestellungen anbietet, wenn sich eine Person im Umfeld eines Kindes bzw. Jugendlichen das Leben genommen oder dies versucht hat. Es richtet sich zudem an Fachkräfte, die betroffene Kinder in einer solchen Lage betreuen und sich mit praxisgerechten Informationen und Übungen darauf vorbereiten wollen.
Hinzu kommen Veranstaltungen und Aktionen, wie das Lichterfest im November oder der Ausflug zu einem Kletterwald, die ein Gefühl von Zusammengehörigkeit vermitteln und positive Erlebnisse ermöglichen.
Vorurteilen und Stigmatisierungen, denen psychisch erkrankte Menschen auch innerhalb des Gesundheitssystems ausgesetzt sind, will die Fachhochschule JOANNEUM in Graz mit dem spezifischen E-Learning-Kurs #weilwegschauennichtdrinist! entgegenwirken.
Manuel Pfeilstecher und Christian Hermann, Hochschullektoren an der FH JOANNEUM, haben das Lehr- und Lernkonzept erarbeitet. Zielgruppe des Kurses sind Studierende im 4. Semester des Lehrgangs „Psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege“. Sie werden für die Folgen von Stigmatisierungserfahrungen sensibilisiert und lernen, ihre eigene Rolle als (angehende) Expert*innen kritisch zu hinterfragen. Außerdem erfahren sie, welche pflegerische Interventionen im Umgang mit psychischen Krankheitsbildern geeignet sind und wie man Maßnahmen zur Entstigmatisierung erfolgreich umsetzt.
Im Projektjahr 2023 haben 196 Studierende das Angebot wahrgenommen und Kleingruppenbeiträge erarbeitet, 2022 waren es 143 Studierende. Die Evaluation des Projekts konnte eine hohe Zufriedenheit belegen. 94,5 Prozent der Studierenden gaben an, dass das Projekt zu einer reflektierten Auseinandersetzung mit dem Thema „Entstigmatisierung“ beiträgt. Geplant ist, den Kurs auf Basis eines Modellprojekts an weiteren Pflegehochschulen anzubieten.
Auf dem Arbeitsmarkt haben es psychisch kranke Menschen, die auf Suche nach einer neuen Stelle sind, meist besonders schwer. Hier setzt die Lichtenberger Initiative für Gesundheit und Arbeit (L.IGA) an, die durch das Bundesprogramm rehapro gefördert wird. Bezieher*innen von Bürgergeld im Jobcenter Berlin-Lichtenberg können freiwillig und kostenlos teilnehmen. Eine Diagnose ist nicht notwendig.
Dem multiprofessionellen Team geht es zunächst darum, das Wohlbefinden der Betroffenen zu erhöhen und gemeinsam mit ihnen nach Lösungen zu suchen, um deren Lebenssituation zu stabilisieren. Erst wenn dies gelungen ist und sich der gesundheitliche Zustand durch bedarfsgerechte Maßnahmen verbessert hat, werden die Weichen in Richtung des Arbeitsmarktes gestellt.
Neben der engen Begleitung durch Fachkräfte aus den Bereichen Sozialarbeit, Psychologie/Psychiatrie und Arbeitsvermittlung gehört auch eine Selbsthilfegruppe zum Angebotsspektrum.
Weiterführende Informationen:
www.seelischegesundheit.net/presse/pressemitteilungen/dgppn-antistigma-preis-2023/
Susanne Bauer
Senior Referentin Unternehmenskommunikation
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