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Der Frage, wie Migration und Integration in Deutschland wahrgenommen und eingeschätzt werden, geht die Bertelsmann Stiftung seit 2012 regelmäßig mittels repräsentativer Bevölkerungsbefragungen zur Willkommenskultur nach. Die Ergebnisse der aktuellen Befragung vom Herbst 2023 belegen, dass die Sorge vor negativen Folgen der Zuwanderung in der Bevölkerung gewachsen ist. Dennoch haben die meisten Befragten den Eindruck, dass die Bevölkerung ebenso wie die Kommunen Arbeitsmigrant*innen und Geflüchtete nach wie vor willkommen heißen.
Ulrike Wieland, die Autorin der Studie, sieht die „Ideen und Praktiken einer Willkommenskultur“ derzeit in einem Spannungsverhältnis zwischen erhöhter Krisenwahrnehmung einerseits und einem Fachkräftemangel andererseits, der Zuwanderung erfordert. Dies führe innerhalb der Politik zu einer „paradoxen Gleichzeitigkeit“ von Aktivitäten zur Schließung und zur Öffnung, wobei erstere dominiere, so Wieland. Dass die EU im Mai 2024 nach einer fast zehnjährigen Debatte strengere Regeln für das Asylrecht beschlossen hat, unterstreicht diesen Befund.
Wie die Studie feststellt, haben sich negative Wahrnehmungen von Zuwanderung im Vergleich zu den vorherigen Befragungsjahren verstärkt. Besonders ausgeprägt ist diese Tendenz in den Bereichen „Sozialstaat“, „Wohnen“ und „Schule“.
Aktuell sind nur noch 47 Prozent der Befragten der Meinung, dass Zuwanderung den Fachkräftemangel ausgleichen kann. Vor drei Jahren stimmten dem noch 55 Prozent zu. Ein auffallendes Detail: In der Altersgruppe bis 29 Jahre teilen 64 Prozent diese Ansicht, bei den 50- bis 59-jährigen lediglich 35 Prozent.
Generell werten junge Menschen die Folgen der Zuwanderung häufiger positiv als negativ, so eine weitere Erkenntnis der Studie. Unter anderem gilt dies für die Überzeugung, dass Migrant*innen das Leben in Deutschland interessanter machen. Das empfinden 74 Prozent der Befragten mit Abitur und Hochschulabschluss so. Bei den Befragten mit einem mittleren Bildungsabschluss trifft dies auf 58 Prozent zu, bei denjenigen mit einem Volks- oder Hauptschulabschluss auf 48 Prozent.
Was die Wahrnehmung einer Willkommenskultur bei den staatlichen Stellen der Kommunen angeht, hat sich im Vergleich zu 2021 nur wenig verändert. 78 Prozent der Befragten meinen, dass Arbeitsmigrant*innen dort sehr oder eher willkommen sind. Im Falle der Geflüchteten handelt es sich um 67 Prozent.
73 Prozent haben den Eindruck, dass die Bevölkerung Arbeitsmigrant*innen oder Studierende vor Ort sehr oder eher willkommen heißt. Im Falle geflüchteter Menschen handelt es sich um 53 Prozent.
Gaben 2021 lediglich 36 Prozent der Befragten an, dass Deutschland keine weiteren Geflüchteten aufnehmen solle, weil eine Belastungsgrenze erreicht sei, beträgt deren Anteil inzwischen 60 Prozent.
Das Argument, wonach Deutschland aus humanitären Gründen mehr Geflüchtete aufnehmen könne oder solle, überzeugt zurzeit nur noch 35 Prozent.
Zugleich meint eine große Mehrheit, ähnlich wie in den Vorjahren, der Staat solle Geflüchteten eine schnellere Arbeitserlaubnis ermöglichen. Dafür sprachen sich aktuell 87 Prozent der Befragten aus.
Der Studie zufolge hat sich an den Erwartungen bezüglich der Integration ebenfalls wenig geändert. Diese wird als ein Prozess verstanden, der gleichermaßen Anforderungen an Zugewanderte wie an die Aufnahmegesellschaft stellt.
Unzureichende Sprachkenntnisse gelten noch immer als häufigstes Integrationshindernis, allerdings mit leicht abnehmender Tendenz. Für Befragte mit Migrationshintergrund sind es vor allem ungleiche Chancen auf dem Arbeitsmarkt, die eine gelingenden Integration beeinträchtigen.
"Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass die gestiegene Skepsis gegenüber Migration vorwiegend nicht auf eine ablehnende Haltung gegenüber den zugewanderten Menschen zurückzuführen ist, sondern vor allem auf die Sorge um die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kapazitäten für eine gelingende Aufnahme und Integration", sagt Ulrike Wieland.
Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse gibt die Integrationsexpertin allen Beteiligten Empfehlungen mit auf den Weg, die auf eine verbesserte Effektivität der Migration zielen.
Wieland, Ulrike (2024): Willkommenskultur in Krisenzeiten. Wahrnehmungen und Einstellungen der Bevölkerung zu Migration und Integration in Deutschland. Bertelsmann Stiftung (Hrsg.). Gütersloh. Download
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