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Geht es in öffentlichen Diskussionen um junge Menschen und deren Arbeitsmoral, ist häufig von einem Wunsch nach Work-Life-Balance, einer sinnstiftenden Tätigkeit und guter Bezahlung die Rede. Es sind vor allem Babyboomer, die mit Unverständnis auf derartige Ansprüche reagieren. Die so genannte Generation Z sei zu verwöhnt und nicht leistungsbereit genug, heißt es dann. Im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung beleuchtet Thorsten Faas, Professor für Politikwissenschaft am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin, den Wahrheitsgehalt solcher Vorurteile. Die Analyse basiert auf einer Befragung, an der 5.061 deutschsprachige Personen ab 18 Jahren im Juni/Juli 2023 teilnahmen.
Doch wer gehört eigentlich zur „Gen Z“? Grundsätzlich gebe es keine verbindlichen Einteilungen von Generationen, erklärt der Autor. Für die hier vorgestellte Studie wählte er Intervalle von zehn Jahren. Zur Gen Z gehören für ihn Personen, die um das Jahr 2000 herum geboren wurden und zwischen 18 und 29 Jahren alt sind.
Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass Jugendforscher Simon Schnetzer die Übergänge zwischen den Generationen ebenfalls für fließend hält. Allerdings fasst er den Begriff etwas weiter und zählt die Jahrgänge 1995 bis 2010 mit dazu.
Einleitend skizziert Fass zunächst die unterschiedlichen Funktionen von Erwerbsarbeit. Diese erfüllt nicht allein den Zweck, den Lebensunterhalt zu verdienen. Sie strukturiert auch den Arbeitstag, die Arbeitswoche, das Jahr und letztlich den gesamten Lebenslauf. Außerdem trägt sie dazu bei, den Status einer Person zu definieren. Gleichzeitig weist der Autor darauf hin, dass Vollbeschäftigung bereits seit vielen Jahren zu den wesentlichen Merkmalen zahlreicher Branchen zählt. Hinzu kommt das Phänomen des Fachkräftemangels, was - mit Blick auf die demografische Entwicklung - besonders relevant erscheint.
Mit Blick auf die materielle Lage der Generationen ergab die Befragung, dass nur die Hälfte der Befragten am Monatsende in der Lage ist, etwas zurückzulegen. Die Frage an die Teilnehmenden, ob sie von ihren Ersparnissen ein halbes Jahr lang leben können, bejahten zwei Drittel der über 70-Jährigen. Dies traf allerdings nur für die Hälfte der Generationen X, Y und Z zu.
Keinesfalls gehe es der Gen Z insgesamt finanziell besser als anderen, hebt Fass hervor. Das gelte vor allem für Personen mit niedriger Bildung und für Frauen. „Selbst Geschlechtsunterschiede, von denen man am ehesten hätte erwarten können, dass sie bei jüngeren Generationen mindestens geringer werden, erweisen sich als erstaunlich robust.“
Weil der Gen Z unter anderem unterstellt wird, besonders wählerisch zu sein, wurden die Teilnehmenden gefragt, wie sie die Gestaltungs- und Entfaltungsmöglichkeiten innerhalb ihres Jobs bewerten. Auch hier zeigte sich, dass die bekannten Klischees nicht stimmen: Je älter die Beschäftigten sind, desto mehr Möglichkeiten zur eigenen Gestaltung sehen sie. Als weitere, gleichwohl moderate Einflussfaktoren identifiziert die Studie neben der materiellen Lage den Bildungsgrad und das Geschlecht. Danach ist es höher gebildeten und materiell besser gestellten Teilnehmenden sowie Männern häufiger möglich, ihre Arbeit nach eigenen Vorstellungen zu gestalten.
Ein ähnliches Ergebnis erzielte die Fragen nach physischen und psychischen Belastungen. Gerade der Gen Z sagt man häufig nach, diese nach Möglichkeit zu vermeiden, was den Forschungsergebnissen nach ein Irrtum ist. Denn stattdessen hängen berufliche Belastungen eher vom Bildungsgrad und dem Geschlecht ab. So sind Personen mit hoher Bildung sowie Männer der Studie zufolge seltener von Belastungen betroffen. Als wichtigstes Kriterium erweist sich die finanzielle Situation: Je besser eine Person finanziell gestellt ist, desto seltener berichtet sie von Belastungen.
Darüber hinaus ging der Autor den Wünschen nach den Job-Merkmalen „Sicherheit/Einkommen“, „Vereinbarkeit/Flexibilität“ und „Karriere“ nach. Erneut ließen sich die gängigen Zuschreibungen nicht bestätigen. Vielmehr zeigte sich, dass für alle Generationen der Faktor „Sicherheit/Einkommen“ die höchste Priorität besitzt. An zweiter Stelle wurde der Faktor „Vereinbarkeit/Flexibilität“ genannt, der allerdings für die Generationen X und Y bedeutsamer ist als für die Gen Z. Das Kriterium „Karriere machen“ landete zwar bei allen Generationen auf dem dritten Platz. Im Generationenvergleich legt jedoch vor allem die Gen Z darauf Wert. „Bezogen auf Hintergründe der Wichtigkeit verschiedener Jobaspekte blieben die Größenordnungen der Effekte insgesamt sehr moderat. Am ehesten noch waren Geschlechts- und Bildungseffekte auszumachen“, schlussfolgert der Autor.
Wie die Befragung ergab, ist allen Generationen in erster Linie ihre familiäre Situation wichtig. An zweiter und dritter Stelle wurden die berufliche und die finanzielle Lage genannt. Fass beobachtete außerdem die Tendenz, dass die Zufriedenheit mit zunehmendem Alter steigt. „Besonders sichtbar tritt dies bei der Zufriedenheit mit der finanziellen Situation zutage, wo wir im Vergleich der Gen Z und den ältesten erwerbstätigen Befragten eine doch deutliche Lücke sehen.“
Labels wie „Gen Z“ hält Thorsten Fass aufgrund dieser Ergebnisse für wenig sinnvoll. Diese suggerierten eine Einheitlichkeit, die offenbar nicht existiert. Er rät stattdessen, das Augenmerk stärker auf die Bildungs- und Geschlechtsunterschiede zu lenken, die innerhalb der Gen Z keineswegs seltener vorkämen als in anderen Generationen. Nicht die Angehörigkeit zu einer Altersgruppe entscheide über berufliche, finanzielle oder familiäre Zufriedenheit, sondern die Art der Tätigkeit. „Belastende Jobs machen Menschen in jeder Hinsicht unzufrieden – egal, ob Gen Z oder nicht.“
Thorsten Faas: Eine Frage des Alters? Erwerbsorientierung und die Gen Z, Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.) Berlin, Mai 2024. Download.
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