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Wohnen verlangt nach Gemeinschaft, möglichst lange in den eigenen vier Wänden. Nach vertrauter Umgebung, wo sich Menschen kennen und ihre Besorgungen auf kurzen Wegen erledigen. Gerade im Alter, bei Krankheit, Hilfe- oder Pflegebedürftigkeit, sind solche Gegebenheiten existenziell. Das vierjährige Modellprogramm des Bundesfamilienministeriums „Gemeinschaftlich wohnen, selbstbestimmt leben“ greift den wachsenden Bedarf an entsprechenden Wohnungen mit Unterstützung im Quartier auf. Der Abschlussbericht stellt 34 Projekte vor, die diesem Anspruch in vorbildlicher Weise nachkommen. Eines davon ist das inklusive Wohnprojekt „Festland“ in der HafenCity Hamburg, finanziert auch von der Bank für Sozialwirtschaft.
Das Haus richtet sich an junge chronisch kranke Menschen zwischen 18 und 55 Jahren, die etwa von HIV, Multipler Sklerose oder den Folgen eines Schlaganfalls betroffen sind. Hinter dem Projekt steht die gemeinnützige Organisation Hamburg Leuchtfeuer. Sie gründete 1995 die Beratungsstelle „Aufwind“ für Menschen mit HIV, es folgte ein Hospiz auf St. Pauli (1998) und 2007 das „Lotsenhaus“ mit seinem Dreiklang-Angebot von Bestattung, Bildung und Trauerbegleitung.
„Festland“, der nun vierte gemeinnützige Bereich von Hamburg Leuchtfeuer, ist für einen Personenkreis konzipiert, der oftmals nur sehr geringe Chancen hat, barrierefreie und bezahlbare Wohnungen jenseits von Elternhaus und Pflegeheim zu finden. Das Projekt bietet beste Voraussetzungen für ein eigenständiges Leben mit der Chance bedarfsgerechter ambulanter Versorgung durch Pflegedienste und therapeutische Dienstleistungen.
Das Konzept sieht eine generationengemischte Bewohnerschaft in unterschiedlichen Lebensphasen und Lebenslagen vor. Von den 27 barrierefreien Einzel- und Familienwohnungen wurden 21 im geförderten Mietwohnungsbau errichtet, davon 13 für Menschen ohne oder mit geringem finanziellem Rückhalt. Die übrigen sechs Wohnungen sind frei finanziert. Eine zentrale Ansprechperson kümmert sich um Anfragen aus der Hausgemeinschaft und von außen und organisiert die Öffnung des Hauses ins Quartier sowie Gemeinschaftsaktivitäten. Großzügige Gemeinschaftsräume mit einer rollstuhlgerechten Küche laden zur Begegnung ein.
„Mit Festland möchten wir auch ein Angebot gegen soziale Isolation schaffen, die leider häufig mit einer chronischen Erkrankung einhergeht“, sagt Ulf Bodenhagen, Geschäftsführer von Hamburg Leuchtfeuer. Das bedarfsorientiert geplante und gebaute Wohngebäude hat offensichtlich einen Nerv getroffen: Es ist längst vollständig bewohnt. Auch in Fachkreisen findet es hohe Anerkennung. Im Jahr 2017 wurde „Festland“ für den Deutschen Engagementpreis nominiert und vom Hamburger Senat mit dem Preis „Wegbereiter der Inklusion“ ausgezeichnet. Als weitere Anerkennung kam eine Förderung durch das Bundesfamilienministerium hinzu.
Alle Projekte des Modellprogramms decken unterschiedliche Zielgruppen, lokale Gegebenheiten und Trägerinitiativen ab. Sie sind das Ergebnis breiter Kooperation von Kommunen, Wohnungsunternehmen, Sozialverbänden, engagierten Bürgern und Sponsoren. Weitere interessante Projektbeispiele:
Mit dem demografischen Wandel verlagert sich soziale Sorgearbeit verstärkt auf Fürsorgestrukturen jenseits der Familie. Leider fehlt es noch weitgehend an entsprechenden Wohnformen, die Eigenständigkeit, Gemeinschaft, Teilhabe und Unterstützung kombinieren und im sozialen Gefüge des Quartiers realisieren.
Als Antwort auf diesen Bedarf stellt das Modellprogramm den noch jungen Projekttypus des Gemeinschaftlichen Wohnens vor. Die hier nur ausschnittweise angesprochenen Vorhaben zeigen auf ermutigende Weise, dass das Thema auf dem Weg aus der Nische hinein in einen vielversprechenden Bereich sozialen Gestaltens und Bauens ist.
Dabei wurde auch deutlich, woran es noch mangelt: an Ansprechpersonen, Koordination und Unterstützung in Kommunen und auf Länderebene. Insbesondere rechtliche Weichenstellungen seien gefragt, um Zusatzangebote wie ambulant betreute Wohn-Pflege-Gemeinschaften wirtschaftlich abgesichert realisieren zu können, mahnt der vorliegende Bilanzbericht an. „Auch Wohnungsunternehmen und Sozialverbände können einen Beitrag zur Weiterverbreitung Neuer Wohnformen leisten, indem sie derartige Projekte (mit)entwickeln und umsetzen und damit auch zur Sicherung der kommunalen Daseinsvorsorge beitragen“, fordern die Herausgeber. Der Bund wird ebenfalls in die Pflicht genommen: durch den Ruf nach einer flankierenden Förderung von Rahmenbedingungen für den gemeinwohlorientierten Wohnungsbau.
Modellprogramm „Gemeinschaftlich wohnen, selbstbestimmt leben“ – Potenziale gemeinschaftlicher Wohnformen – eine Bilanz
Hg.: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und Forum Gemeinschaftliches Wohnen e.V., 88 Seiten, Download
Die Wohnprojekte im Detail:
http://wohnprogramm.fgw-ev.de/modellprojekte
Zum Wohnprojekt „Festland“:
www.hamburg-leuchtfeuer.de/festland
www.sozialbank.de/ueber-uns/unsere-kunden/ref/hamburg-leuchtfeuer
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