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Ein Garten ist die ideale Immunisierung gegen Corona-Trübsinn, zeigt eine Studie der Hochschule Geisenheim. Wer einen eigenen Haus- oder Kleingarten hat, kommt glücklicher durch die Pandemie, bewegt sich öfter an der frischen Luft und genießt häufiger selbstangebautes Obst und Gemüse. Die coronabedingten Einschränkungen des Lebens haben die Wertschätzung für den Garten erhöht und die Beschäftigung mit Pflanzgabel und Rasenrechen motiviert. Bedauernswert nur, wo die Sehnsucht nach der eigenen Scholle bisher unerfüllt ist: Gartengrundstücke wechselten auf dem Immobilienmarkt noch schneller den Eigentümer.
Wissenschaftler der Hochschule Geisenheim untersuchten in zwei nicht-repräsentativen Studien, welchen Einfluss Gärten und Grünanlagen auf die menschliche Befindlichkeit in den beiden Lockdown-Phasen im Frühjahr 2021 und 2020 hatten. Dazu wurden jeweils rund 500 Personen mit und ohne Garten anteilig nach Alter, Geschlecht, Einkommen und Region im Mai 2021 und 2020 befragt. Die Befragtengruppen unterscheiden sich in wichtigen soziodemografischen Parametern. Teilnehmer*innen mit eigenem Garten waren tendenziell älter, verfügten über höheres Einkommen und wohnten ländlicher als Befragte ohne eigenen Garten. Die Gartengröße lag bei durchschnittlich 377 Quadratmetern.
Auf einer Skala von 0 bis 10 zeigten Befragte mit eigenem Haus- oder Kleingarten einen Zufriedenheitswert von 6,8, Menschen ohne eigene Parzelle von lediglich 5,9. Zugleich gaben weit mehr als die Hälfte der Gartenbesitzer an (62 %), dass ihnen ihre grüne Oase für Erholung, Entspannung und Freiheit gegenüber 2009 noch wichtiger geworden war. Mehr als 40 Prozent der Personen ohne Garten wünschten sich ein eigenes Fleckchen Grün, bei einem Drittel von ihnen hatte der Wunsch coronabedingt zugenommen.
Befragte ohne eigenen Garten aktivierten sich während des Lockdowns 2021 knapp zehn Stunden wöchentlich in öffentlichen Parks und Stadtwäldern. Bei Gartenbesitzer*innen kommen noch einmal 15 Stunden Frischluft hinzu. Ein Drittel dieser Befragten (31 %) gab an, im Lockdown des Frühjahrs 2021 sogar mehr Zeit als während des Lockdowns 2020 im eigenen Garten verbracht zu haben. „Möglicherweise führt Corona dazu, dass die Menschen sich grundsätzlich mehr draußen in Gärten und Grünanlagen aufhalten als zuvor“, konstatieren die Autor*innen einen generellen Outdoor-Trend. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass das Frühjahr 2020 eines der sonnigsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen war, der Frühling 2021 einer der kältesten seit 2013.
Gartenbesitzer*innen ließen den grünen Daumen während der Pandemie rege kreisen. Den Lockdown 2020 nutzten sie insbesondere zu Aufräumarbeiten, 2021 zu gestalterischen Veränderungen, vor allem zu Neupflanzungen und baulichen Maßnahmen. Den Händlern gefiel das: 2020 verzeichneten Baumarktbranche (+13,8 % gegenüber 2019), Gärtnereien und Gartencenter (+10,2 %) kräftige Umsatzzuwächse. Gartenmöbel und andere Ausstattung waren stark gefragt, bei Strandkörben und Trampolinen kam es 2020 sogar zu Ausverkäufen.
Die Menschen verbrachten nicht nur mehr Freizeit im Grünen, sie besannen sich auch verstärkt auf Lebensmittel aus eigener Produktion. Knapp die Hälfte aller Befragten (48,2 %) produzierte selbst Obst, Gemüse oder Kräuter zu Hause, bei Befragten mit eigenem Garten waren es 65 Prozent. Knapp ein Viertel der Menschen ohne eigenen Garten (21 %) nutzte Balkon oder Fensterbank für den gärtnerischen Anbau.
Häuser mit Garten fanden der Studien zufolge im Jahr 2020 schneller einen Käufer. Die Immobilien waren während des Lockdowns für durchschnittlich 60 bis 65 Tage annonciert, Wohnungen ohne Balkon bzw. Garten hingegen für 75 bis 80 Tage. Gegenüber dem Vergleichszeitraum 2019 zeigte sich ab April 2020 eine deutliche Beschleunigung. Allerdings konnten die Autor*innen keine pandemiebedingten Auswirkungen auf die Preise speziell für Gartengrundstücke erkennen.
Im Garten und beim Gärtnern blühen die Deutschen auf, während der Corona-Pandemie noch zusätzlich. Homeoffice, Kontaktsperren und geschlossene Freizeit- und Sporteinrichtungen führten sie vermehrt ins Grüne. So ist Gartenarbeit laut einer Allensbach-Erhebung (2020) nach Shoppen die Nummer zwei der beliebtesten Freizeitaktivitäten, noch vor Fotografieren und Restaurantbesuchen. In der Umweltmedizin gelten Grünflächen als Räume, die Aggressionen mindern und inneren Ausgleich bringen. Inwieweit die verstärkte Hinwendung zum Gartenglück über die Pandemie hinausreicht, wollen die Autor*innen nicht voraussagen. Gut möglich, dass Corona das Bewusstsein für eine intakte Umwelt, für den Schutz von Gärten und Parks und für ein gesundes Klima geschärft hat.
Kai Sparke / Mira Lehberger, Gärten in Zeiten des Corona-Lockdowns. Wiederholungsstudie, Hochschule Geisenheim 2021, 20 Seiten, Download
dies., Garten und öffentliches Grün in Zeiten des Corona-Lockdowns, Studienergebnisse, Hochschule Geisenheim 2020, 22 Seiten, Download
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