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Mit Verunsicherung und Kontaktbeschränkungen setzt die Corona-Pandemie nach wie vor älteren Menschen hart zu. Viele Kommunen reagierten gleich im Frühjahr mit gezielten Maßnahmen gegen soziale Vereinsamung und für Infektionsschutz. Landauf, landab sind daraus Initiativen mit Lernpotenzial entstanden. Eine gemeinsame Studie des Berlin Instituts und der Körber Stiftung gibt einen Überblick über ausgewählte altersfreundliche Projekte in den Kommunen, analysiert die Erfolgsfaktoren und diskutiert, was sich aus der Bewältigung der Krise langfristig lernen lässt.
Die Forscher*innen unternahmen im Juli 2020 „eine Reise durch die altersfreundliche Republik“ und machten sich in zwölf Gemeinden und Städten ein Bild vom Umgang mit der Pandemie. Die Stationen reichen von Kropp in Schleswig-Holstein (6.612 Einwohner) über Halle an der Saale (239.257 E.) bis Ostfildern in Baden-Württemberg (39.321 E.). Die Verantwortlichen vor Ort berichteten, welche Ideen angepackt worden waren, um alten Menschen eine Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu bewahren – hier beispielhaft einige Eindrücke.
Was sorgte für rasche und erfolgreiche Implementierung dieser und weiterer Projekte, was lässt sich daraus für die Zukunft lernen? Die Forscher*innen fanden drei zentrale Erfolgsfaktoren heraus. Zum einen ist es die Aktivierung direkter Kontakte seitens der Verwaltung mit allen relevanten Akteuren, vor allem den hilfsbedürftigen Bürger*innen.
Klingt naheliegend, bedarf aber kontinuierlicher Netzwerkarbeit, was vor allem in größeren Kommunen kein Selbstläufer ist. In kleinen Gemeinden wie Tirschenreuth ist es die sog. „Gerüchteküche“, ein öffentlicher Gesprächstreff mit dem Bürgermeister, in größeren Kommunen sind es institutionalisierte Foren (Seniorenbeirat, Bürgerzentrum, Pflegestützpunkt), die in der Krise durch neue Kontaktwege pragmatisch ersetzt oder ergänzt wurden: zum Beispiel durch aufsuchende Betreuung mit sogenannten „Fenstergesprächen“, Telefonketten und durch die aktive Ansprache alleinstehender Menschen.
Kommunikationskanälevor Ort bespielen ist das eine, sie für gemeinsame Innovationen nutzen, das andere. Alle erfolgreichen Gemeinden sind diesen Weg gegangen: „Ihre große Leistung: die Zusammenarbeit aller dieser verschiedenen Akteurinnen und Akteure über Organisations- und Sektorengrenzen hinweg zu koordinieren. Ihr Lohn: im besten Fall stabile Strukturen für verlässliche Unterstützung der Älteren und neue Ideen für die altersfreundliche Stadt zu gewinnen“, macht der Report deutlich.
Wichtig ist, über eingefahrene Gleise des Verwaltungshandelns hinauszugehen. So sorgten kommunale Krisenstäbe dafür, dass neben herkömmlichen Trägern auch engagierte Einzelpersonen und Vereine in die Versorgung Hilfsbedürftiger einbezogen wurden. Vielerorts kam sogar kreative Aufbruchstimmung auf, wie sie von der Aufnahme Geflüchteter 2015 bekannt war. Mit schönem Nebeneffekt: „Das solidarische Verhalten in der Hochphase der Pandemie hat auch das Vertrauen der Menschen zueinander gestärkt.“
„Ob Verwaltungen in der Krise innovativ handeln können, hängt auch von ihrem Selbstverständnis und dem Organisationsklima ab. Es braucht eine Offenheit für Kreativität, es braucht Risikobereitschaft – und eine wertschätzende, motivierende Führungskultur“, betont der vorliegende Report. Die Corona-Krise habe sich hier vielerorts als Treiber erwiesen. Im Zweifel machen lassen, im Erfolgsfall wertschätzen, diese Devise, sonst eher Teil der Start-up-Kultur, sei vermehrt auch in den Verwaltungen angekommen, berichten die Forscher*innen. Die aktuelle Ausnahmesituation habe eine Besinnung auf Kriterien guter Führung gebracht – klare Linie, Prioritäten und Rückendeckung.
Die Kommunen leisten einen besonderen Beitrag für das Miteinander in dieser Zeit. Sie kennen die Lebenslagen und Bedürfnisse der Bürger*innen aus nächster Nähe und sind am ehesten in der Lage, maßgeschneiderte Problemlösungen zu bieten, sind Autor*innen überzeugt. Das gelte besonders für alte und hilfsbedürftige Menschen. „Hier zeigt sich die Erkenntnis, dass dort, wo die Menschen auf Probleme stoßen, auch Ideen entstehen, wie diese zu bewältigen sind.“ Der oft beklagte Flickenteppich kleinräumiger Lösungsansätze erweise sich – im Gegenteil – als Ausdruck kommunalen und bürgerschaftlichen Potenzials. Die daraus erwachsenen Chancen könnten Aufbruchssignale in eine neue Moderne sein.
Adrián Carrasco Heiermann / Karin Haist / Catherina Hinz u.a.
Kommunale Innovation – Altersfreundlichkeit in Zeiten der Corona-Pandemie. Eine qualitative Befragung von Berlin-Institut für Bevölkerung und Körber-Stiftung, Hamburg, 24 Seiten, Download
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