Die Aktion Deutschland Hilft ist ein Bündnis renommierter deutscher Hilfsorganisationen, die im Falle großer Katastrophen ihre Kräfte bündeln, um schnelle und effektive Hilfe zu leisten. Die mehr als 20 beteiligten Organisationen führen ihre langjährige Erfahrung in der humanitären Hilfe zusammen. Unter einem gemeinsamen Spendenkonto ruft das Bündnis zu solidarischem Handeln und Helfen im Katastrophenfall auf.
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Manuela Roßbach hat einen sozialwissenschaftlichen Hintergrund. Seit über 20 Jahren ist die internationale Zusammenarbeit ihr Metier. 1998 übernahm sie die Geschäftsführung bei CARE Deutschland e.V. und gründete zusammen mit zwei Kollegen Aktion Deutschland Hilft e.V. Co-Gründerin von Aktion Deutschland Hilft e.V.
Homepage Aktion Deutschland Hilft e.V.Frau Roßbach, was ist das Besondere an Ihrer Arbeit für Menschen in Not?
Ein ganz wichtiges Merkmal des Bündnisses ist es, dass unser Zusammenschluss sehr schnell nach Katastrophen im Ausland und auch im Inland reagieren kann. Und dass wir in den letzten Jahren eine so große Solidarität erleben durften: einmal im Sommer 2021 bei der Flutkatastrophe in Deutschland. Es war so großartig, wie schnell und in welchem Umfang Privatpersonen und Unternehmen aus Deutschland, aber auch aus den USA, aus Frankreich, aus Großbritannien, aus Österreich, der Schweiz, aus Taiwan und anderen Ländern dieser Welt gespendet haben. Dann wieder bei dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine im Februar 2022. Auch hier war die Solidarität überwältigend und erneut waren wir überrascht, wie schnell und vor allem wie viele Menschen mit Spenden helfen wollten. Schließlich in diesem Februar bei Aktion Deutschland Hilft e.V. dem großen Erdbeben, das breite Landstriche in der Türkei und in Syrien traf. Erneut durften wir sehr viele Unterstützerinnen und Unterstützer an unserer Seite begrüßen, die mit ihren Spenden dazu beitrugen, dass die Hilfe dort ankommt, wo sie ankommen soll: bei den Menschen. Kurz gesagt: die gelebte Solidarität mit Menschen, die gerade vom Schicksal getroffen sind, ist das, was wir bei Aktion Deutschland Hilft erleben dürfen und was uns selbst auch motiviert. Unsere Spenderinnen und Spender sind so wertschätzend und mitfühlend und wollen helfen.
Ob für die Ukraine oder nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und in Syrien –viele Menschen wollen helfen. Wie stellen Sie sicher, dass das Geld ankommt?
Wir haben ganz klare und transparente Abläufe: Die Geschäftsstelle von Aktion Deutschland Hilft , das Aktionsbüro, ist dafür zuständig, über die Lage nach Katastrophen zu berichten, die Spenden entgegenzunehmen, die Spendenquittungen für Spendende auszustellen und, ganz wichtig, auch regelmäßig über erbrachte Hilfeleistungen zu berichten. Die Mitgliedersind dafür zuständig, die Hilfeleistungen in den Katastrophengebieten für die betroffenen Menschen zu erbringen. Dafür rufen sie nach einem Verteilschlüssel ihren Anteil mit einer Projektbeschreibung ab und berichten regelmäßig über den Stand der Hilfsmaßnahmen.
Wie werden die angekommenen Spendengelder auf die rund 20 beteiligten Hilfsorganisationen verteilt?
Bündnisorganisationen, die nach einer Katastrophe in der Lage sind, zu helfen und dies bei uns anmelden, erhalten Spendengelder nach einem festgelegten Verteilschlüssel. Dieser basiert darauf, wie groß die Kapazitäten der Hilfsorganisationen in der Katastrophe sind. Der Verteilschlüssel wird jedes Jahr neu errechnet, die Kriterien zur Berechnung sind in einer Allgemeinen Richtlinie der Zusammenarbeit festgehalten.
Welche Projekte sind derzeit besonders wichtig für Ihre Organisation?
Generell gilt: Alle Katastrophen haben die gleiche Aufmerksamkeit verdient. Immer handelt es sich dabei um Menschen, die in ihren Lebensverhältnissen, in ihrer Würde besonders belastet und eingeschränkt sind. Wir kümmern uns im Augenblick noch um den Einsatz von Spenden, die wir bei der Flutkatastrophe in Deutschland 2021 erhielten, und bleiben an der Seite der Menschen, bis die Spenden aufgebraucht sind. Dann nehmen die Hilfsmaßnahmen in der Ukraine und für Geflüchtete aus der Ukraine in den Nachbarländern bis nach Deutschland einen großen Stellenwert ein. Aber natürlich auch die Hilfe im Erdbebengebiet in der Türkei und in Syrien. Gerade diesen Sommer haben die Kämpfe im Sudan erneut zu einer großen Fluchtbewegung von Sudanesinnen und Sudanesen geführt, auch hier helfen unsere Mitgliedsorganisationen sowie in weiteren 70 Ländern dieser Welt, in denen es Menschen aufgrund von Klimaveränderungen, Bürgerkriegen, Naturkatastrophen nicht mehr gut geht und das tägliche Überleben in Gefahr ist.
Wie schaffen Sie es, die Aufmerksamkeit der Spender und Spenderinnen zu erlangen?
Sobald wir uns entschieden haben, eine Hilfskampagne zu starten, bereiten wir digitale und analoge Spendenaufrufe vor, gestalten Anzeigen für Zeitungen und für Suchmaschinen. Wenn diese fertig sind, schicken wir sie an unsere langjährigen Kooperationspartner mit der Bitte um Veröffentlichung. Da wir in der Regel nur bei wirklich großen humanitären Katastrophen Hilfskampagnen starten, ist der Grund wohl bisher immer sehr überzeugend gewesen und viele Unternehmen aus der Medienwelt und Werbebranche unterstützen uns. Besonders freut mich, dass wir für WDR2 im letzten Jahr vor Weihnachten Partner für das gläserne Studio des Radiosenders in Dortmund sein durften.
Sie sind bereits seit 18 Jahre Geschäftsführerin bei Aktion Deutschland Hilft. Wie blicken Sie auf die letzten 10 Jahre? Was hat sich verändert?
Genau genommen habe ich noch viel länger mit Aktion Deutschland Hilft zu tun: Im nächsten Jahr werden es 25 Jahre, dass ich mich – zusammen mit Heribert Röhrig vom ASB, Bert Hinterkeuser von der AWO und Kollegen aus dem Bereich Marketing der SozialBank – mit dem Bündnis beschäftige. Zunächst als Co-Gründerin (mit den oben Genannten) und in meiner damaligen Rolle als Geschäftsführerin von CARE Deutschland, dann bis Februar 2005 als ehrenamtliche Vorständin und ab März 2005 als hauptamtliche Geschäftsführung.
Ich blicke mit Schrecken und Stolz auf die letzten 10 Jahre: mit Schrecken, weil wir bei Aktion Deutschland Hilft eine deutliche Zunahme von Krisen und Katastrophen erkennen, die aufgrund der Klimaänderungen auftreten – zum Beispiel Dürre und Überflutungen. Weil über 100 Millionen Menschen auf der Flucht sind, weil Seenotrettung humanitäre Hilfebedeutet, diese aber von nationaler und europäischer Politik nicht unterstützt wird. Mit Stolz, weil wir Vielfalt im Bündnis leben: Unsere Mitglieder kommen aus dem Bereich der bekannten Wohlfahrtsorganisationen wie u.a. der Paritätische Wohlfahrtsverband, die Arbeiterwohlfahrt, ebenso wie aus bekannten internationalen Netzwerkfamilien wie bei Habitat for Humanity oder World Vision. Einige sind strenger hierarchisch organisiert oder weniger, sie sind stärker religiös gebunden oder gar nicht. Was eint, ist, humanitäre Hilfe zu leisten. Dafür gilt: sie muss geleitet sein von den humanitären Prinzipien der Menschlichkeit, alle Helfenden müssen auf Unparteilichkeit, Neutralität und Unabhängigkeit achten. Und, ganz wichtig: Humanitäre Hilfe kann sich auf internationale Rechtsgrundlagen berufen.
Welche Herausforderungen im Bereich der humanitären Hilfe stehen in den nächsten Jahren bevor?
Die Herausforderungen für die humanitäre Hilfe haben seit dem großen Tsunami 2004/2005 stark zugenommen: Aufgrund des Klimawandels nimmt die Intensität und die Häufigkeit von Naturkatastrophen zu. Über 75 Prozent der Naturkatastrophen lassen sich auf Extremwetterereignisse zurückführen. Menschen werden durch Überflutungen obdachlos, durch Dürren verlieren sie Nahrungsmittel und ihre Einkommen. Das heißt, Krisen kommen häufiger und dauern länger, damit steigen die Bedarfe weiter an. Die Zahl flüchtender Menschen auch. Diesen Herausforderungen können wir uns nur gemeinsam, als Weltgemeinschaft, stellen. Aber jede Nation kann ihren Beitrag dazu leisten.
Welche Ziele hat sich Aktion Deutschland Hilft für die nächsten Jahre gesetzt?
Das Bündnis durchläuft gerade einen umfangreichen Organisationsentwicklungsprozess, in dem der Organisationsaufbau, die Geschäftsfelder, der Stand der Digitalisierung, die Anforderungen, die von außen an uns herangetragen werden (Stichwort: CSRD - Nachhaltigkeitsberichtserstattung), analysiert wurden und es nun darum geht, die Ergebnisse der Analyse in neue Strukturen und Arbeitsbereiche zu überführen. Dies wird gerade für den Bereich der Digitalisierung einige Jahre in Anspruch nehmen, daher sind unsere Ziele: zum einen nach wie vor, schnelle und effektive Hilfe nach Katastrophen und bei der Vorbeugung von Katastrophen zu leisten. Zum anderen kontinuierlich die Organisationsstrukturen den neuen Notwendigkeiten anzupassen. Bei allem achten wir immer auch darauf, dass wir unsere Gemeinnützigkeit nicht gefährden.
Was ist das Besondere an Ihrer Zusammenarbeit mit der SozialBank? Wie würden Sie die Zusammenarbeit beschrieben?
Die SozialBank ist seit unserer Gründung unsere „Hausbank“. Die SozialBank war bei allen Hilfskampagnen, die Aktion Deutschland Hilft durchgeführt hat, dabei. Von Anfang an. Wir sprechen hier von rund 70 Hilfskampagnen und Spenden in Höhe von über 1,2 Milliarden Euro. In den letzten 20 Jahren haben viele Veränderungen in den Abläufen stattgefunden, die Beträge, die früher auf dem Überweisungsträger als Spende per Hand eingetragen wurden, sind schon lange von anderen technischen Möglichkeiten abgelöst worden und die digitale Entwicklung geht immer weiter. Das geht nur zusammen mit der SozialBank. Unsere Zusammenarbeit in den letzten 22 Jahren war sehr gut. Wir schätzen unsere Kundenberaterinnen und Kundenberater. Wir schätzen, dass immer nach Lösungen für Probleme gesucht wird. Kurzum: Wir sind sehr zufrieden.
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