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Wo herkömmliche Hilfe versagt, ist Katastrophenschutz gefragt. Zuletzt bei der Flutkatastrophe an der Ahr und im Rheinland, wo tausende Helfer*innen wochenlang im Einsatz waren und zum Teil noch sind. Geleistet wird dieser aufopferungsvolle Dienst an der Gesellschaft größtenteils von Freiwilligen ohne Bezahlung. Was motiviert die Ehrenamtler*innen? Und wie lässt sich erfolgreich um Nachwuchs für den Katastrophenschutz werben? Eine Studie der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt für das Ministerium des Innern in NRW liefert die wissenschaftliche Basis für eine landesweite Kampagne zur Gewinnung neuer Helfer*innen.
Rund 1,7 Millionen Menschen hierzulande sind im Katastrophenschutz freiwillig engagiert, davon 100.000 Helfer*innen in Nordrhein-Westfalen. Zuständige Hilfsorganisationen sind Arbeiter-Samariter-Bund, Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft, Deutsches Rotes Kreuz, Johanniter-Unfall-Hilfe und Malteser Hilfsdienst, außerdem der Verband der Feuerwehren NRW und das Technische Hilfswerk.
Katastrophenschutz ist bei Unfällen mit vielen Betroffenen gefordert, bei Hochwasser, extremen Wetterlagen wie Stürmen und starken Regenfällen oder bei der Freisetzung von Gefahrstoffen in die Umwelt. Eine außergewöhnliche Bewährungsprobe galt es beispielsweise beim weiträumigen Stromausfall im Winter 2005 im Münsterland zu bestehen, als die Versorgung der Bevölkerung tagelang sichergestellt werden musste.
Die Erhebung unter Leitung von Professorin Elisabeth Kals bezieht 8.500 Ehrenamtliche und 1.500 nicht engagierte Personen aus der Allgemeinbevölkerung ein; die Fragen wurden mit Beteiligung der Ehrenamtlichen formuliert. Die Ergebnisse lassen sich nach den beiden befragten Gruppen ordnen: Engagierte und Allgemeinbevölkerung.
Neben überwältigendem Zuspruch für den ehrenamtlichen Katastrophenschutz äußern Aktive in geringerem Ausmaß auch Vorbehalte. Die häufigsten Schwierigkeiten sind demnach interner Natur und betreffen Probleme mit anderen Mitwirkenden, mit dem Führungsstil von Vorgesetzten sowie Mobbing. Hier sind Maßnahmen zur Konfliktprävention und -lösung gefragt. Weit oben rangieren auch Probleme der Vereinbarkeit von Beruf, Privatleben und Ehrenamt. So läuft die Freistellung am Arbeitsplatz nicht immer konfliktfrei, darüber hinaus besteht der Wunsch nach mehr Weiterbildung. Generell wurde auch ein Mangel an Wertschätzung in der Öffentlichkeit konstatiert, was sich etwa in der Behinderung der Arbeit bei Einsätzen zeige.
Was denken nicht im Katastrophenschutz engagierte Menschen von diesem Dienst? Die Erhebung liefert aufschlussreiche Antworten:
Vorliegende Befunde geben laut Studie ein genaues Bild der Motive und Anreize von Engagierten und Nichtengagierten wieder. Insgesamt zeigten die Studienergebnisse ein großes Potenzial des Ehrenamts im Katastrophenschutz. Bei beiden Gruppen überschneiden sich die positiven Erwartungen an die Freiwilligenarbeit, zugleich werden nur wenige Schwierigkeiten als gravierend eingeschätzt. Einen wichtigen Unterschied aber nennt die Studie: „Während sich unter den Engagierten vor allem innerorganisationale Konflikte negativ auf die Motivation auswirken, haben für die Nichtengagierten die zeitlichen Anforderungen und damit einhergehenden Fragen möglicher Unvereinbarkeit mit beruflichen und privaten Verpflichtungen einen zentralen Stellenwert.“ Der Freiwilligendienst müsse personell besser aufgestellt und mit flexiblen Einsatzformen angeboten werden, etwa mit einem Engagement auf Zeit oder mit Schnupperangeboten zur ersten Orientierung. Außerdem solle die Ansprache via Facebook, YouTube und Instagram intensiviert werden.
Die Ergebnisse der Studie sollen vor allem eine Imagekampagne zur personellen Stärkung des Katastrophenschutzes zugute kommen. „Es empfiehlt sich, die große Übereinstimmung von Erwartungen und Erfahrungen bereits Engagierter im Rahmen einer Mitgliederwerbestrategie ins Zentrum zu rücken“, so die Studienautorinnen. Dazu haben Kals und ihr Team kürzlich Workshops mit einzelnen Organisatoren abgehalten. Überdies erhielten die Botschafter*innen der geplanten öffentlichen Kampagne erste Schulungen. Nach dem Peer-to-Peer-Ansatz sollen dabei Mitwirkende des Katastrophenschutzes neue Mitstreiter*innen gewinnen. Bereits mehr als 80 Freiwillige sind diesem Aufruf bisher gefolgt.
Elisabeth Kals / Susanne Freund / Svenja Christina Schütt, Stärkung des Ehrenamts im Katastrophenschutz Nordrhein-Westfalen. Abschlussbericht. Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Eichstätt 2020, 115 Seiten
Die Studie ist unter dem Stichwort „Abschlussbericht" hinterlegt:
www.engagiertfür.nrw
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