Deutsche Zöliakie-Gesellschaft

Die Deutsche Zöliakie-Gesellschaft wurde im Oktober 1974 als Selbsthilfegruppe von Eltern zöliakiebetroffener Kinder gegründet und ist mittlerweile bundesweit in etwa 180 Regionalgruppen organisiert.

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Kurz und komplett
Über die Organisation

Die Deutsche Zöliakie-Gesellschaft wurde im Oktober 1974 als Selbsthilfegruppe von Eltern zöliakiebetroffener Kinder gegründet. In der Hauptgeschäftsstelle in Stuttgart sind etwa 20 hauptamtliche Mitarbeitende in den Bereichen Wissenschaft, Ernährung, Kaufmännisches und Öffentlichkeitsarbeit tätig.

Die Deutsche Zöliakie-Gesellschaft bietet seinen Mitgliedern allgemeine und individuelle ärztliche sowie ernährungsspezifische Telefonberatungen, Koch- und Backkurse sowie diverse Seminare zu unterschiedlichen Ernährungsthemen. Darüber hinaus veranstaltet der Verein regelmäßig Schulungen für spezielle Berufsgruppen, darunter Ernährungsfachkräfte, Mediziner*innen und Gastronom*innen.

Gründungsjahr

1974

Zahl der Mitarbeitenden

20 hauptamtliche Mitarbeitende

Zahl der Mitglieder

rund 42.000 Mitglieder, die in etwa 180 Regionalgruppen organisiert sind

Das Chamäleon der Medizin

Die Deutsche Zöliakie-Gesellschaft e. V. (DZG) mit Sitz in Stuttgart besteht 2024 seit 50 Jahren. 1974 als Selbsthilfegruppe von Eltern zöliakiebetroffener Kinder mit drei Dutzend Gründungsmitgliedern ins Leben gerufen, ist die DZG heute die Institution in Sachen Zöliakie. Sie zählt inzwischen bundesweit 42 000 Mitglieder, die in etwa 180 Regionalgruppen organisiert sind.

Noch immer ist das Bewusstsein um die Autoimmunerkrankung bei uns unterentwickelt – und das, obwohl jeder 100. Mensch als betroffen gilt. Das würde bedeuten, dass in Deutschland zwischen 800 000 und 900 000 Kinder, Frauen und Männer an Zöliakie erkrankt sind. Viele Betroffene sind allerdings gar nicht diagnostiziert, die Dunkelziffer ist enorm. Laut einer aktuellen skandinavischen Studie muss man davon ausgehen, dass bis zu 75 Prozent der Fälle unerkannt bleiben.

Zöliakie greift den Dünndarm an und schädigt die sogenannten Darmzotten, die für die Nährstoffaufnahme zuständig sind. Es kommt zu einer Überreaktion des Immunsystems. Nährstoffe können nicht mehr in ausreichendem Maß absorbiert werden, was zu Mangelerscheinungen führt. Eine unerkannte Zöliakie zieht häufig schwere Folge- bzw. Begleiterkrankungen nach sich: Diabetes, Osteoporose und sogar Krebs. Zöliakiebetroffene haben laut einer amerikanischen Untersuchung aus dem Jahr 2020 noch immer ein erhöhtes Risiko, früher als der Bevölkerungsdurchschnitt an Herz-, Kreislauf, Atemwegserkrankungen oder Krebs zu sterben.

Die Symptome einer Zöliakie sind extrem vielfältig, daher gilt die Autoimmunerkrankung auch als „Chamäleon der Medizin“. Entsprechend schwierig gestaltet sich die Diagnose. Klassische Symptome sind Bauchschmerzen, anhaltende Durchfälle, Erbrechen. Es können aber auch Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Depression oder zahlreiche andere Anhaltspunkte auf eine Zöliakie hinweisen. Bei Kindern treten oft Wachstumsstörungen und Zahnschmelzdefekte auf. Viele Hausärzte haben das Thema nach wie vor nicht auf dem Radar, so dass vor allem erwachsene Patienten oft eine jahrelange Odyssee durchleiden, bis ihre Zöliakie festgestellt wird.

Verursacht werden die Beschwerden durch das Eiweiß Gluten, das in vielen Getreidesorten (Weizen, Roggen, Dinkel, Malz…) und Lebensmitteln enthalten ist. Eine lebenslang radikal glutenfreie Ernährung ist für Zöliakiepatienten ein absolutes Muss und die einzige „Therapie“, da es keinerlei Medikamente gibt. Schon die Aufnahme geringer Spuren von Gluten können schwerwiegende Folgen für die Betroffenen haben. Ein Lebensmittel gilt als glutenfrei, wenn der Glutenanteil unter 20 ppm (parts per million) liegt. Stellt man sich also eine riesige Schüssel mit einer Million Brotkrümel vor, dürfen nicht mehr als 19 dieser 1 000 000 Krümel glutenhaltig sein – eine verschwindend geringe Menge!
Im Alltag bringt das zahlreiche Herausforderungen mit sich. Zöliakieerkrankte müssen ihre Küche glutenfrei gestalten bzw. sich einen eigenen, strikt glutenfreien Bereich schaffen, was gegebenenfalls die Anschaffung neuer Küchengeräte bedeutet. Glutenhaltige Lebensmittel dürfen niemals oberhalb glutenfreier gelagert werden, weil schon geringste Mengen Mehlstaub zu Kontaminationen führen können. Das ist nur ein kleines Beispiel dafür, wie man sich nach der Diagnose seinen Alltag organisieren muss.

Glutenfreie Essensalternativen für Kinder in der Ganztagsbetreuung (Kita, Schule) werden häufig nicht angeboten. Das führt zu Ausgrenzungserfahrung, weil die betroffenen Kinder nicht am Gemeinschaftsessen teilnehmen können. Für Eltern bedeutet das tagtäglich einen großen organisatorischen Mehraufwand, ihren Kindern geeignetes Essen zuzubereiten. Die Ausgrenzungsproblematik potenziert sich noch, wenn Kinder nicht an gemeinsamen Aktivitäten wie dem Schullandheimaufenthalt teilnehmen können.

Eine ähnliche Problematik gilt für Senioreneinrichtungen. Ältere Menschen finden oft kein Heim, das ihnen sicher glutenfreies Essen bieten kann. Auch in der häuslichen Pflege ist das Thema Zöliakie so gut wie nie präsent. Viele „Zölis“, wie Betroffene sich oft selbst nennen, trauen sich aufgrund schlechter Erfahrungen nicht mehr in Betriebskantinen oder Restaurants, auf Straßenfeste oder andere Veranstaltungen und verzichten im Freundeskreis auf das gemeinsame Essen. Sie müssen ihrem Umfeld immer wieder klarmachen, dass sie keine Mode- oder Lifestyle-Esser sind, sondern sich aus medizinischen Gründen alternativlos radikal glutenfrei ernähren müssen.


Zöliakie kann in jedem Lebensalter neu auftreten. Man geht davon aus, dass neben der genetischen Prädisposition Stress und andere Umwelteinflüsse sowie unsere Ernährungsgewohnheiten mit industriell gefertigten Lebensmitteln die Erkrankung begünstigen.
Die gute Nachricht zum Schluss: Mit einer hundertprozentig glutenfreien Ernährung ist eine Zöliakie in fast allen Fällen in den Griff zu bekommen.