Als 1926 die ersten Jugendherbergen in Bayern eröffnet wurden, stand ein wesentlicher Gedanke im Vordergrund: Junge Menschen sollten unabhängig von Herkunft und Geldbeutel die Welt entdecken und Gemeinschaft erleben. Heute stehen in ganz Bayern 48 Gästehäuser für die Jugendherbergsidee, die nichts von ihrer Faszination verloren hat. Darüber hinaus sind sie ein außerschulischer Lern- und Erlebnisort. Mehr als 880 Mitarbeitende sorgen jeden Tag dafür, dass die Qualität in den Jugendherbergen stimmt und sich die Gäste wohlfühlen.
1926
über 800 Mitarbeitende
48

Beim Gewinnspiel der digitalen Vermögensverwaltung „GemeinwohlInvest“ der SozialBank erreichte der DJH Landesverband Bayern 2024 den dritten Platz. Das Preisgeld in Höhe von 1.000 Euro soll der Entwicklung eines nachhaltigen Bildungsprogramms zugutekommen, das sich den Chancen gesellschaftlicher Vielfalt widmet. Beim Gewinnspiel der digitalen Vermögensverwaltung „GemeinwohlInvest“ der SozialBank erreichte der DJH Bayern 2024 den dritten Platz.
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Jugendherbergswerk Bayern: Im Einsatz für soziale und ökologische Nachhaltigkeit
Während der letzten Jahre haben die deutschen Jugendherbergen einen beeindruckenden Imagewandel vollzogen. Längst geht es nicht mehr allein darum, jungen Menschen eine günstige Übernachtung zu ermöglichen. Neben Klassenfahrten und Kinderfreizeiten gehören inzwischen Gruppen-, Familien- und Individualreisen innerhalb Deutschlands sowie ein vielfältiges Seminarprogramm zum Angebotsspektrum. Um den neuen Zielgruppen einen größtmöglichen Komfort zu bieten, wurden zahlreiche Häuser aufwendig saniert bzw. renoviert.
Was sich jedoch nicht verändert hat, ist das Prinzip „Gemeinschaft erleben“ – es steht für Inklusion, Toleranz sowie Weltoffenheit. Konkret bedeutet das: In den Jugendherbergen sollen Menschen unabhängig von ihrer Herkunft und ihren finanziellen Mitteln die Welt um sie herum kennenlernen und ihren Horizont erweitern, so das Deutsche Jugendherbergswerk (DJH), in dem 2,4 Mio. Mitglieder organisiert sind.
Soziale und ökologische Nachhaltigkeit
Viele Jugendherbergen haben sich auf bestimmte Themenbereiche wie etwa Umwelt, Kultur oder Gesundheit spezialisiert. So setzt sich der Landesverband Bayern, der 1926 seine erste Jugendherberge eröffnete, von Beginn an besonders für soziale und ökologische Nachhaltigkeit ein. 1989 entstand die erste von insgesamt 17 „Umwelt|Jugendherbergen“. Diese Häuser verbinden nachhaltiges Handeln mit erlebnispädagogischen Aktivitäten, z.B. Kräutersammeln, Kanufahrten oder den Besuch auf einem Bauernhof.
Im Jahre 2016 wurde ein nachhaltiges Unternehmenskonzept eingeführt. Vorstand Winfried Nesensohn begründet diesen Schritt damit, dass wirtschaftliche Aspekte zwischenzeitlich zu sehr in den Fokus gerückt seien. „Wir wollten uns strategisch wieder mehr an unseren ursprünglichen Werten ausrichten“, sagt er. Zu diesem Zweck ließ sich der Landesverband über anderthalb Jahre von einer Beratungsgesellschaft begleiten. Ein umfangreiches Maßnahmenpaket belegt, dass sich in Sachen „Nachhaltigkeit“ seitdem eine Menge getan hat. Beispielsweise ist es mittels smarter Duschköpfe gelungen, den Wasserverbrauch zu senken. Hinzu kommen u.a. eine 100-prozentige Verwendung von Recycling-Papier und Ökostrom sowie Do-it-yourself-Workshops für die Gäste.
Weniger Speisereste
Elke Molkow, Referentin für Qualitätsmanagement und nachhaltige Unternehmensentwicklung des Landesverbands, bezeichnet den Bereich der Verpflegung als das wichtigste Aktionsfeld. „Alle zwei Jahre“, berichtet sie, „lassen wir unseren CO2-Fußabdruck messen.“ Dabei stellte sich heraus, dass 62 Prozent der CO2-Emissionen in den Jugendherbergen durch die Verwertung bzw. den Konsum von Lebensmitteln entstehen.
Mit dem Ziel, Speisereste nachweislich zu reduzieren, fiel Ende 2022 der Startschuss für ein landesweites Pilotprojekt. Unter dem Motto „Wertschätzen statt Wegwerfen“ und in Kooperation mit der Kreisgruppe München des bayerischen BUND Naturschutz erprobten Mitarbeitende in fünf Häusern unterschiedliche Instrumente. Unter anderem kamen Speisepläne und die Gestaltung des Buffets auf den Prüfstand. Einer von vielen Impulsen war die Einführung von Probier-Portionen. Mit dem Ergebnis des Projekts ist der Landesverband mehr als zufrieden. Denn es zeigte sich, dass eine ressourcenschonende Verpflegung machbar ist, ohne auf Qualität verzichten zu müssen. Dass man die Gäste durch direkte Ansprache, aber ohne erhobenen Zeigefinger, mit ins Boot holte, erwies sich als Erfolgsrezept.
Mehr Bioprodukte
Für Elke Molkow ist nachhaltiges Handeln allerdings nur dann wirksam, wenn sich zugleich der Anteil an Biolebensmitteln erhöht. „Auf diese Weise fördern wir eine fairere und natürlichere Produktion entlang der gesamten Wertschöpfungskette“, ist sie überzeugt. Beim Einkauf alleine auf regionale Waren zu achten, reiche dagegen nicht aus. „Werden beim Anbau von Obst und Gemüse chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel eingesetzt, ist das nicht in unserem Sinne.“ Allerdings brauchte es einige Zeit, um alle Mitarbeitenden von den Vorteilen dieser Ernährungsweise zu überzeugen. „Es gab anfangs schon Diskussionen“, räumt die Referentin ein. Um den Gästen ein Vorbild zu sein, müsse jedoch das ganze Team hinter dem Ansatz stehen. Dass fast alle Jugendherbergen des Landesverbandes das Bronzesiegel der Öko-Kontrollstelle Gesellschaft für Ressourcenschutz (GfRS) erhielten und ein Haus sogar mit dem Goldsiegel ausgezeichnet wurde, spricht für sich. Elke Molkow hofft, dass diese Würdigung dazu beiträgt, den Weg konsequent weiterzugehen.
Inklusion und Diversität stärken
Um die soziale Dimension von Nachhaltigkeit zu verbessern, will der Landesverband vor allem im Bereich der Inklusion ein Zeichen setzen. Daher wird das bisherige Positionspapier aus dem Jahre 2014 derzeit aktualisiert. „Nach zehn Jahren war eine Überarbeitung nötig“, sagt Marko Junghänel, Pressesprecher des Landesverbandes. In 2025 soll die Neufassung vorliegen.
Eine interne Arbeitsgruppe hat die Aufgabe übernommen, Erfahrungen und Ideen aus den einzelnen Häusern zu integrieren. Das Papier soll unterschiedliche Handlungsfelder thematisieren, wie etwa die Barrierefreiheit in den Gebäuden. Da es sich oft um historische Bauten handle, sei dieser Anspruch jedoch nicht ohne Weiteres realisierbar, sagt Winfried Nesensohn. Die Bedarfe von Mitarbeitenden mit Behinderung sollen ebenfalls stärker beachtet werden. In der Inklusions-Jugendherberge Bayreuth beträgt ihr Anteil bei den Beschäftigten 40 Prozent. Der landesweite Durchschnitt liegt bei 5,5 Prozent. Inzwischen, so Marko Junghänel, werde der Begriff „Inklusion“ jedoch weiter gefasst und ziele auf eine verbesserte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben unabhängig vom Alter, Geschlecht, der sozialen und kulturellen Herkunft sowie der sexuellen Orientierung.
Perspektiven
Gesellschaftliche Vielfalt anzuerkennen und wertzuschätzen, gehörte von jeher zum Selbstverständnis von Jugendherbergen. Der bayerische Landesverband hat sich vorgenommen, diese Thematik zukünftig noch sichtbarer zu machen. Als wichtiger Schritt in diese Richtung ist ein mehrstufiges Bildungsprogramm geplant. Es wird an Schulklassen, Lehrkräfte, Familien, Sportvereine oder kirchliche Akteur*innen sowie Mitarbeitende in den Jugendherbergen adressiert.
Angedacht ist, dass sich die Teilnehmenden eingehend mit einzelnen Aspekten von Diversität auseinandersetzen und Kompetenzen für einen respektvollen Umgang miteinander erwerben. Dabei wird es um Themen gehen wie Chancengleichheit, soziale Einbindung bis hin zu sexueller Identität. „Statt der Vermittlung theoretischer Inhalte werden praxisrelevante bzw. lebensnahe Übungen den Kern des didaktischen Konzepts ausmachen“, erklärt Marko Junghänel. Diese sollen zum Nachdenken anregen und dazu befähigen, das Gelernte später im Alltag einzusetzen. Winfried Nesensohn ergänzt: „Als Verband wollen wir uns vermehrt in Diskurse einbringen, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt voranzubringen.“