Die DRK Kliniken Berlin sind ein freigemeinnütziger Unternehmensverbund mit vier Krankenhäusern, einem Hospiz und einer stationären Pflegeeinrichtung, deren alleiniger Gesellschafter die DRK-Schwesternschaft Berlin e.V. ist. In über 30 Fachabteilungen, 26 zertifizierten Zentren, acht zertifizierten Organzentren, drei Zentralen Notaufnahmen und mit zahlreichen ambulanten Angeboten werden über 200.000 Patienten pro Jahr von rund 4.000 Mitarbeitenden versorgt: Damit gehören die DRK Kliniken Berlin zu den größten Arbeitgebern und wichtigsten Gesundheitsversorgern der Hauptstadt.
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Maja Roedenbeck Schäfer ist seit Anfang 2020 bei den DRK Kliniken Berlin tätig und war zuvor neun Jahre lang Referentin für Employer Branding, Recruiting & Personalmarketing bei der Diakonie Deutschland. Als Expertin für Personalgewinnung im Sozial- und Gesundheitswesen hat sie bereits mehrere Fachbücher veröffentlicht. Leiterin Strategisches Recruitment
Homepage DRK Kliniken BerlinDie DRK Kliniken Berlin haben 2022 den Klinik Award als Sieger in der Kategorie Bestes Recruiting und den HR Award Silber in der Kategorie Employer Branding gewonnen. Wofür wurden Sie ausgezeichnet?
Insgesamt haben wir bereits fünf Awards für unsere Recruitingstrategie gewonnen. Das ist deshalb für uns wichtig, weil es beim Beschreiten mutiger Wege natürlich immer auch Skeptiker gibt, denen positive Reaktionen von außen zeigen, dass wir nicht ganz falsch liegen mit dem, was wir machen. Bei der Einreichung für die Auszeichnungen ist mir wichtig, kein einzelnes Projekt einzureichen. Viele Unternehmen bewerben sich mit einer befristeten Social-Media-Aktion, die ein paar Wochen gedauert, angeblich ein paar hunderttausend Klicks erreicht und über die dann noch eine Zeitung berichtet hat. Doch man fragt sich: Und wie viele Personen wurden daraufhin eingestellt? Welchen Effekt hat das langfristig gehabt? Ich reiche immer unsere Strategie als Ganzes ein, belegt mit echten Recruiting-KPIs, denn es ist mir ein wichtiges Anliegen zu zeigen, dass Recruiting nur erfolgreich sein kann, wenn es strategisch, ganzheitlich und nachhaltig aufgesetzt wird. Marketing-Strohfeuer bringen da wenig.
Was bedeutet das konkret?
Konkret bedeutet das, dass die DRK Kliniken Berlin das Recruiting als eigenständige Abteilung außerhalb der Personalabteilung und der Unternehmenskommunikation aufgesetzt haben. Als Leiterin Strategisches Recruitment spreche ich mit der Personalleitung und der Kommunikationsleitung auf Augenhöhe und bin direkt bei der Geschäftsführung angedockt. Auch das operative Recruiting in Form einer Teilzeit-Recruiterin, eines Werkstudenten und bisher auch einiger für kreative Aufgaben freigestellter Pflegekräfte liegt in meinem Team. Genauso wenig, wie es bringen würde, das Recruiting mit befristeten Projektstellen oder Sachbearbeiter:innen in der Personalabteilung modernisieren zu wollen, würde es bringen, einen Stabsstellen-Strategen in den Elfenbeinturm zu setzen, der mit der Basisarbeit keine Berührung hat.
Welche Bewerbungswege sind aus Ihrer Sicht besonders vielversprechend?
Unternehmen sollten niedrigschwellige und zahlreiche Bewerbungsmöglichkeiten anbieten – zumindest für Mangelberufe. Der Standardweg führt aus Datenschutzgründen am besten über das Onlinebewerbungsformular in der Stellenanzeige. Doch damit das auch genutzt wird, muss es so kurz wie möglich sein. Und damit meine ich vier Felder: Vorname, Nachname, Telefonnummer, E-Mail-Adresse. Dann eine Upload-Möglichkeit für eine oder maximal zwei Anhänge und ein Klick zum Absenden. Kein Anlegen von Benutzeraccounts, keine ellenlangen Formularseiten, kein Einfügen von Profilen aus Karrierenetzwerken, keine Eingabefelder, die an Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen erinnern. Dieses Bewerbungsformular wird nicht nur einmal pro Stellenanzeige, sondern dreimal in der Stellenanzeige angeboten: oben, in der Mitte und unten.
Zusätzlich zu diesem Bewerbungsweg arbeiten wir bei den DRK Kliniken Berlin mit der Bewerbung per Recruiting-ChatBot, mit der sogenannten Schnellbewerbung, die im Grunde nicht mehr als eine Interessensbekundung und Rückrufbitte ist, mit der Bewerbung via WhatsApp und wenn gewünscht auch mit anderen Privatnachrichtenfunktionen in sozialen Netzwerken. Bei Mangelberufen verzichten wir auf das Anschreiben und Arbeitszeugnisse und begnügen uns beim Erstkontakt mit der Berufsurkunde und einem kurzen Lebenslauf oder auch nur einigen mündlich übermittelten Informationen zur bisherigen Karriere.
Die meisten gemeinnützigen Organisationen haben kein großes Werbebudget. Wie kann man dennoch professionell und effektiv um neue Mitarbeiter*innen werben?
Umsonst gibt es Recruiting nicht. Zwar kann man sich das Geld für Methoden wie die Schaltung von Printstellenanzeigen sparen, aber dafür entstehen an anderer Stelle Kosten, zum Beispiel für das Aufsetzen und Weiterentwickeln einer Karrierewebsite oder für Social Media und Google Ads. Auch gemeinnützige Organisationen kommen nicht darum herum, Personal- und Sachkosten für die Personalgewinnung einzukalkulieren. Aber sie werden natürlich keine Millionenbudgets für Kampagnen ausgeben können. Das würde meines Erachtens auch gar nichts bringen.
Mein Rezept ist eine Mischung aus zeitlich eng begrenzten kostenpflichtigen Aktionen wie Kinowerbung, Suchmaschinenmarketing oder Werbung auf digitalen Screens am Bahnhof und ganz viel Handarbeit und Kreativität in der Zwischenzeit. Eine kleine Guerilla-Aktion wie das eigenhändige Verteilen von 5.000 Fahrradsattelbezügen in der Stadt, über die man auch in Social Media schön berichten kann und die nur ein paar hundert Euro für die Werbemittel kostet, bringt oft mehr Sympathiepunkte und damit auch Bewerber*innen als protzige Werbung irgendwelcher Großunternehmen. Redaktionell kann man viel machen – vom Storytelling im Karriereblog und auf Instagram bis hin zur Suchmaschinenoptimierung in Stellenanzeigen. Und natürlich spielt die Bewerberkommunikation eine große Rolle – kostet nichts und hat einen riesengroßen Effekt. Darauf wollen wir ja gleich noch zu sprechen kommen…
Warum ist eine starke Arbeitgebermarke – das Employer Branding – so wichtig?
Die Employer Brand ist das Fundament der erfolgreichen Personalgewinnung. Sie dient einerseits dazu, einen Wiedererkennungswert zu schaffen. Wenn wir in jeder Stellenanzeige, auf jedem Plakat und in jedem Social-Media-Beitrag dieselbe Wort-Bild-Sprache verwenden, prägt sich das im Unterbewusstsein der Bewerber*innen ein. Das kennt man von der Kommunikation großer Marken wie Nivea oder CocaCola. Durch diese Methode registrieren die Bewerber*innen auch im Personalmarketing schneller, um welches Unternehmen es sich handelt. Und dieses ständige „über einen Arbeitgeber stolpern“ führt dazu, dass es irgendwann zum Bewerbungsimpuls kommt.
Die Employer Brand dient, wenn sie nicht nur von einer Werbeagentur erdacht wurde, sondern auf Mitarbeiterbefragungen und Fokusgruppenworkshops basiert, außerdem dazu, dass die Mitarbeitenden die Botschaften bereitwillig mit nach außen tragen. Eine gelebte Marke ist authentischer und darum stärker als eine sterile Marke, die am Reißbrett entstanden ist und gar nicht verstanden wird. Gut formulierte und anwendbare Markenbotschaften ermöglichen es den Mitarbeitenden, das, was sie über ihren Arbeitgeber denken, besser auszudrücken.
Nicht zuletzt dient die Arbeitgebermarke dazu, geplante Recruitingmaßnahmen immer wieder mit dem einmal gesteckten Rahmen abzugleichen. Nicht jede Maßnahme passt zu jedem Unternehmen und unpassende Maßnahmen können das Arbeitgeberimage zerstören. Bei den DRK Kliniken Berlin verzichten wir ganz bewusst auf eine Willkommensbonuszahlung an neue Mitarbeitende, da das nicht zu unserer Arbeitgebermarke passt. Entscheidungen wie das Duzen und die Gehaltstransparenz in Stellenanzeigen wurden bei uns einmal im Rahmen der Markenentwicklung getroffen und stehen nun nicht mehr zur Diskussion, auch wenn einzelne Fachabteilungen es vielleicht lieber anders hätten.
Sie legen viel Wert auf eine schnelle und stimmige Bewerberkommunikation. Was zeichnet die Bewerberkommunikation der DRK Kliniken Berlin aus?
Viele Unternehmen verstehen nicht, wie wichtig ein guter Bewerberservice für die erfolgreiche Recruitingstrategie ist. Schnell muss die Kommunikation sein, weil wir mit Personalvermittlern und Leasingfirmen um die Bewerber*innen konkurrieren. Dort wird man zwei Minuten nach Eingang der Bewerbung zurückgerufen, oft auch am Wochenende. Dem müssen wir zuvorkommen! Schnelligkeit in der Bewerberkommunikation ist eine der Stellschrauben, an denen wir drehen können, ohne dass uns Kosten entstehen.
Eine emotionale Bewerberkommunikation sorgt dafür, dass eine Bindung entsteht. Wir behandeln die Bewerber*innen wie unsere besten Freunde. Wir chatten fröhlich mit ihnen, versenden Emojis, duzen alle sofort, auch Ärzt*innen. Dadurch heben wir uns von anderen Arbeitgebern ab und man behält uns im Gedächtnis. Es fällt schwerer, einem Unternehmen abzusagen, wenn die Mitarbeitenden so nett zu einem sind. Die Bindungen, die zum Recruiting-Team entstehen, sind wirklich stark. Bewerber*innen bringen uns Schokolade vorbei, schicken uns Fotos von ihren Haustieren und rufen uns am ersten Arbeitstag an, wenn sie ein Einarbeitungsdokument nicht finden, weil sie sich von uns so gut betreut fühlen.
Wichtig ist aber auch eine passende Bewerberkommunikation, die sich direkt aus der Employer Brand ableitet. Wer einen eher nüchternen Employer Branding Claim (Slogan) gewählt hat, sorgt mit der emotionalen Bewerberkommunikation für Verwirrung. Unser Claim „Wir bedeuten einander etwas“ betont dagegen das Miteinander. Da passt es, wenn wir uns freundschaftlich verhalten, und diese Art der Bewerberkommunikation hilft mit, unsere Arbeitgebermarke zu festigen. Nüchterne, philosophische oder pathetische Marken funktionieren meines Erachtens sowieso nicht.
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