Frauen helfen Frauen e.V.

Der Verein Frauen helfen Frauen e.V. wurde 1976 gegründet und ist Träger der beiden autonomen Frauenhäuser in Köln.

© Felix Kolbe / Mitglieder des Vereins Frauen helfen Frauen auf einer Demonstration für die Umsetzung des Gewalthilfegesetzes.
Kurz und komplett
Über den Verein

Die beiden autonomen Frauenhäuser des Vereins Frauen helfen Frauen e.V. bieten Schutz, Unterkunft und Unterstützung für Frauen und deren Kinder, die von körperlicher, seelischer und sexualisierter Gewalt betroffen oder bedroht sind. Frauen werden unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Aufenthaltsstatus oder ihrer Religionszugehörigkeit aufgenommen.

Gründungsjahr

1976

Plätze

Die beiden Frauenhäuser bieten Platz für insgesamt 26 Frauen und bis zu 33 Kinder.

Claudia Schrimpf, Mitarbeiterin beim Frauen helfen Frauen e.V.
„Häusliche Gewalt ist tabuisiert und schambesetzt.“

Ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen

2023 wurden 256.276 Menschen bundesweit Opfer von häuslicher Gewalt. Das ist ein Anstieg um 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, heißt es im aktuellen BKA-Lagebild. 70 Prozent der Betroffenen sind weiblich. Beim Verein „Frauen helfen Frauen“, dem Träger der beiden autonomen Frauenhäuser in Köln, finden sie Schutz, eine Unterkunft und Beistand.

„Wir nehmen Frauen und deren Kinder bei uns auf, die körperliche, psychische und sexualisierte Gewalt erfahren haben oder davon bedroht sind“, sagt Claudia Schrimpf, Mitarbeiterin des Vereins. Die meisten haben bereits eine lange Leidensgeschichte hinter sich, wenn sie die Kraft finden, aus ihrem bisherigen Alltag auszubrechen. Im Frauenhaus werden sie individuell beraten und unterstützt, und zwar unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Religion. Das reicht von psychosozialen Gesprächen zur Aufarbeitung der Gewalterfahrungen bis hin zu konkreten sozialarbeiterischen Maßnahmen. Hierzu zählen unter anderem die Klärung materieller Ansprüche oder Hilfe bei der Arbeitsplatzsuche.

Die Anfänge

Es waren Studierende der Fachhochschule Köln, die im Sommer 1976 mit unterschiedlichen Aktionen öffentlich auf das Problem der Gewalt gegen Frauen aufmerksam machten. Angeleitet wurden sie dabei von Prof. Dr. Maria Mies vom Fachbereich Sozialpädagogik. Noch im gleichen Jahr riefen sie den Verein Frauen helfen Frauen ins Leben. Ihrer Beharrlichkeit ist es zu verdanken, dass Ende 1976 das erste autonome Frauenhaus in Köln seine Türen öffnete, bundesweit das zweite nach Berlin. Aufgrund des großen Bedarfs wurde 1991 ein weiteres errichtet. Aktuell verfügt das erste Haus über ein Platzangebot für 16 Frauen und bis zu 18 Kindern. 10 Frauen und bis zu 14 Kinder können im zweiten Haus untergebracht werden.

Zuschüsse zur Finanzierung kommen von der Stadt Köln und vom Land Nordrhein-Westfalen. Der Verein muss dafür jedoch einen Anteil von 10 Prozent an Eigenmitteln aufbringen. Um Ausgaben zu begleichen, die das Budget übersteigen, ist der Verein darüber hinaus auf Spenden angewiesen.

Wege aus der Isolation 

Denjenigen Frauen, die glücklicherweise einen Platz erhalten, verlangt gerade die erste Zeit nach dem Einzug auch einiges ab. Denn sie müssen den begrenzten Raum mit zahlreichen, ihnen unbekannten Menschen teilen und auf ein großes Stück an Privatsphäre verzichten. Doch die Gewissheit, endlich in Sicherheit zu sein, effektive Hilfe zu erhalten und ohne Angst über ihre bedrückenden Erfahrungen reden zu können, überwiegt diesen Nachteil deutlich. 

„Das Thema Häusliche Gewalt ist sehr tabuisiert und schambesetzt“, weiß Claudia Schrimpf. „Nicht wenige Frauen geben sich sogar eine Mitschuld.“ Daher sei es heilsam, sich mit anderen auszutauschen, die sich in einer ähnlichen Lage befänden. 

Spezifische Hilfen für Kinder und Jugendliche

Eine besondere Form der Zuwendung benötigen die im Frauenhaus lebenden Kinder und Jugendlichen. Oft mussten sie über Jahre mitansehen, wie ihrer Mutter Gewalt angetan wurde oder sie erlebten die Gewalt, meist durch den Vater, am eigenen Leib. Für sie gibt es in den Häusern einen speziellen Bereich, wo sie sich entfalten und ihr Bedürfnis nach Spiel, Bewegung und Kreativität stillen können. Durch die damit verbundenen Erfolgserlebnisse fassen sie wieder Vertrauen – zu sich selbst und zu anderen Menschen. „Sie sammeln positive Erinnerungen für ihre Zukunft“, bringt es Claudia Schrimpf auf den Punkt. 

Gleichzeitig sieht der Haushaltsplan der Stadt Köln für 2025/2026 vor, dass eine Vollzeitstelle im ersten Frauenhaus für die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen gestrichen wird und auch weitere im Gewaltschutz tätige Frauenprojekte nicht weiter bezuschusst werden sollen. „Wir werden gemeinsam mit den anderen Projektträgern dagegen protestieren“, sagt Claudia Schrimpf.

Folgen des begrenzten Platzangebots

Die Adressen beider Häuser gibt man aus Sicherheitsgründen nicht öffentlich bekannt. Wie nötig solche Maßnahmen sind, hat ein Vorfall aus der Vergangenheit bewiesen. „Am 4.11.1994, also vor 30 Jahren, wurde eine Bewohner*in des Kölner Frauenhauses durch ihren Ehemann getötet“, berichtet Claudia Schrimpf. Umso besorgter ist sie darüber, dass die Zahl der Femizide weiter zugenommen hat. Laut Bundesinnenministerium verloren im Jahre 2023 bundesweit 155 Frauen auf diese Weise ihr Leben.

Angesichts solcher Zahlen hält Claudia Schrimpf das vorhandene Platzangebot in den Frauenhäusern für viel zu gering. Es sei sehr frustrierend und belastend, wenn man Schutzsuchende abweisen müsse. „Allein im Jahr 2023 konnten wir 620 Frauen nicht bei uns aufnehmen“, sagt sie. 

Die Wohnungsnot komme erschwerend hinzu. „Wenn bezahlbarer Wohnraum fehlt, bleiben die Frauen über eine längere Zeit bei uns, was die Situation zusätzlich verschärft.“ Immerhin zeigt sich ein Lichtblick: Im Jahr 2019 hat die Stadt Köln dem Bau eines dritten Hauses in Kooperation mit der GAG Immobilien AG zugesagt. „Wenn alles klappt, könnte es 2028 fertiggestellt werden“, hofft Claudia Schrimpf.

Gewalthilfegesetz gefordert

Eine wichtige Aufgabe des Vereins Frauen helfen Frauen besteht darin, kontinuierlich über das Problem der Gewalt gegen Frauen und Kinder aufzuklären. Außerdem engagieren sich die Mitarbeiter*innen in Gremien und Arbeitskreisen der Kommune, des Landes sowie des Bundes und setzen sich für eine bessere Gesetzgebung ein. „Das im Koalitionsvertrag angekündigte Gewalthilfegesetz wurde noch immer nicht auf den Weg gebracht“, kritisiert Claudia Schrimpf. 

Aus ihrer Sicht verstößt die augenblickliche Lage gegen die sogenannte „Istanbul-Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“. In Deutschland fehlen derzeit rund 13.500 Frauenhausplätze, heißt es hierzu in einer Pressemeldung der Zentralen Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser mit Sitz in Mannheim. Diese fordert die Bundesregierung dazu auf, das Gewalthilfegesetz umzusetzen, es mit ausreichenden Bundesmitteln zu unterlegen und die Finanzierung von Frauenhäusern und Fachberatungsstellen einzelfallunabhängig zu gestalten. Abzuwarten bleibt, wie es nach den anstehenden Neuwahlen weitergeht. 

Unverzichtbare Netzwerk- und Präventionsarbeit

Handlungsbedarf sieht Claudia Schrimpf außerdem im Bereich der Prävention. Diese müsse idealerweise bereits in der Kita beginnen, damit Kinder lernen, einander respektvoll und gewaltfrei zu begegnen. Entsprechend wichtig ist es, mit anderen Professionen zusammenzuarbeiten und funktionierende Netzwerke aufzubauen bzw. zu pflegen. Die Teams der beiden Frauenhäuser kooperieren eng mit dem Bündnis Autonomer Frauenprojekte „Lila in Köln“ sowie mit Kooperationspartner*innen der Diakonie und dem Sozialdienst Katholischer Frauen. Hinzu kommen u.a. Jugendämter, therapeutische Praxen, Kindergärten, Schulen und Wohnungsbaugesellschaften.

Dass es trotz aller Probleme möglich ist, die Vergangenheit hinter sich zu lassen, das beweisen die Treffen mit Ehemaligen, die regelmäßig in den Frauenhäusern stattfinden. Mit ihrem Beispiel und ihrer Solidarität ermutigen sie die aktuellen Bewohnerinnen, wieder an sich zu glauben und eine neue Lebensperspektive zu entwickeln.