Die Lilien Pflegegesellschaft mbH hat 2015 ein alteingesessenes Pflegeheim in Wiesbaden übernommen, das wegen Qualitätsmängeln vor dem Aus stand. Der rigorose Einsatz für mehr Qualität zahlte sich schnell aus – auch in einer steigenden Belegungsquote.
2015
98 (Vollzeitäquivalente)
2015
Nach einer Ausbildung zum Industriekaufmann und einem BWL-Studium arbeitete Stefan Weinz in unterschiedlichen Branchen. Sein Einstieg in die Sozialwirtschaft fand in der damals als reiner Bauträger tätigen Firma Procon Holding statt, die sich in der Folgezeit zum Pflegeheimbetreiber entwickelte. Geschäftsführer
Homepage Lilien PflegegesellschaftJetzt sind Sie doch wieder in die Pflege-Branche eingestiegen. Wie kam es dazu?
Nach einer Auszeit von einem Jahr wollte ich wieder für ältere Menschen arbeiten, ihnen ein sinnvolles Leben ermöglichen. Und dies in einer guten Qualität. Mein Bestreben ist es auch, dass diese Arbeit von der Gesellschaft zukünftig besser anerkannt wird als heute.
Gelingt das in dem kleinen Rahmen eines Familienunternehmens besser als in einer großen Gruppe?
Inzwischen ja. Im Großen kann ich zwar wirtschaftlich sinnvoller agieren, kann im Hintergrund auf leistungsfähige Strukturen und Systeme zurückgreifen. Aber in der Altenpflege sind sehr individuelle Leistungen erforderlich, und wir müssen gerade in der sozialen Betreuung auf die Menschen und ihre Bedürfnisse eingehen.
Worin besteht Qualität in der Altenpflege?
In einem herausragenden Angebot der medizinisch-körperlich-pflegerischen Betreuung, denn die eigentliche Pflege steht in Pflegeeinrichtungen naturgemäß ganz oben. Aber die soziale Betreuung wird wegen der steigenden Zahl an Demenzerkrankungen immer wichtiger.
Ist Qualität in jedem Fall eine Frage des Geldes?
Im Grunde stimmt das. Aber Qualität ist trotzdem nur mit einer vernünftigen Struktur und einer engagierten Arbeitsleistung zu gewährleisten.
Womit wir beim Personal wären und damit auch beim Personalmangel.
Es ist sehr schwer, gut ausgebildete Fachkräfte zu bekommen. Vor diesem Hintergrund sollte auch die 50-Prozent-Regelung reformiert werden, nach der immer die Hälfte des anwesenden Personals Fachkräfte sein müssen – also auch in Zeiten, in denen diese eigentlich nicht erforderlich wären.
Ist die Ausbildung in der Altenpflege noch zeitgemäß?
Ich würde die Ausbildung staffeln: Mit einem Studium für höherwertige Tätigkeiten und einem dualen System, wie es sich in Deutschland ja ansonsten vielfältig bewährt.
Der Wunsch, Altenpflegerin oder Altenpfleger zu werden, ist bei jungen Menschen – sagen wir mal – nicht besonders stark ausgeprägt …
Die Branche muss aktiver werden. Wir gehen schon in 8. Klassen, bieten Praktika an, zum Teil werden Kindertagesstätten in Altenheime integriert. Die Kinder lassen die Senioren am Leben teilhaben, und sie lernen selbst den ungezwungenen Umgang mit dem Alter, den wir heute kaum noch kennen.
Dass es ein Nachwuchsproblem gibt, mag auch am Ansehen der Branche liegen?
Es gibt natürlich Schwarze Schafe – wie überall. Und Berichte über schlechte Pflege verbreiten sich schneller als die guten Beispiele. Es wäre sehr gut, wenn sich die Gesellschaft vor Augen führt, wer denn die Arbeit leistet an den alten Menschen. Und dass man mehr Verständnis aufbringt für diese wertvolle Aufgabe, die ja die meisten Familien selbst nicht mehr leisten können. Dieses Unvermögen wird kompensiert durch die angeblich hohen finanziellen Leistungen, die an die Stelle des familiären Einsatzes treten. Aber mit dieser Haltung steigen die Erwartungen. Wenn man jedoch bedenkt, dass wirklich alles – von der medizinischen bis zur sozialen Betreuung – rund um die Uhr dazugehört – sind 3000 Euro im Monat für den durchschnittlichen Pflegesatz wahrhaftig kein hoher Preis.
Die Branche erlebt momentan einen Trend zu Fusionen, zu größeren Konzernen. Sie kommen selbst aus einer kapitalgeführten Gruppe. Wie wird es weitergehen?
Für das erforderliche Wachstum im Pflegemarkt brauchen wir kapitalstarke Unternehmen. Sonst ist der Bedarf nicht zu decken. Im qualitativen Bereich würde ich vor allem in ländlichen Regionen auf kleine Einheiten setzen, auf Familienbetriebe.
Was kann der Staat dazu beitragen?
Mit einer weniger strengen Regulierung könnten zwar auch Fusionen erleichtert werden, vor allem in Ballungszentren; aber auch Neugründungen hätten es leichter.
Sie sind erst seit wenigen Monaten wieder in der Branche aktiv, haben die "Lilie", ein Pflegeheim übernommen. Wie kommen Sie voran?
Es gab vor der Übernahme eine Schließungsandrohung wegen schlechter Qualität und eine nur 50-prozentige Auslastung. Wir haben in gut einem halben Jahr alles zur Leistungsverbesserung getan und bereits bei einer Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) den besten Wert von 1,0 erzielt. Das ist ein großer Erfolg für uns und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
In diesem Projekt arbeiten Sie mit der SozialBank zusammen. Welche Erwartungen wurden erfüllt?
Eine besondere Kenntnis der Branche und eine völlig unbürokratische, schnelle Hilfe. Das bedeutet: keine langen Prüfungszeiten zu Themen, die selbstverständlich sind, und Rückenstärkung, wenn sie nötig ist. Verständlicherweise ohne den Blick auf die Risiken zu verlieren.
Was bedeutet für Sie ein Engagement in der Altenpflege?
Die Gesellschaft ist in allen Bereichen schneller und flexibler geworden, und die alten Menschen kommen kaum noch mit. Wir müssen alles tun, sie wieder besser zu integrieren. Neben einer Altenpflege in hoher Qualität wäre auch eine solche Re-Integration die Anerkennung der Leistungen, die die Generationen vor uns für uns alle erbracht haben.
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