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Der Fachkräftemangel in der Pflege ist groß – was in der aktuellen Corona-Pandemie besonders schmerzlich bewusst wird: Ausgeschriebene Pflegestellen bleiben lange unbesetzt, und den gemeldeten Arbeitsstellen stehen zu wenig Pflegekräfte gegenüber. Abhilfe könnte nach Ansicht einer Studie aus Bremen die Stundenaufstockung von Teilzeitkräften und eine Rückkehr von Berufsaussteiger*innen schaffen: Im Idealfall könnten so bundesweit bis zu 170 000 Vollkräfte gewonnen werden.
Zwar hat es in den vergangenen fünf Jahren in der Pflege ein Beschäftigungsplus von 14 Prozent gegeben, wie kürzlich die Bundesagentur für Arbeit meldete. Das reicht jedoch bei weitem nicht aus: So liege der geschätzte künftige Mehrbedarf an Pflegekräften bundesweit bei etwa 130.000 Vollkräften in der Langzeitpflege und 100.000 Vollkräften in der Krankenpflege, heißt es in der Studie „Ich pflege wieder, wenn…“ der Arbeitnehmerkammer Bremen und des SOCIUM der Universität Bremen.
Im Rahmen der Studie wurden mehr als 1.000 Pflegekräfte aller Altersgruppen befragt, der überwiegende Teil arbeitet im Land Bremen. Die Befragung ergab, dass die Bereitschaft zum Wiedereinstieg und zur Stundenerhöhung groß ist: Mehr als 50 Prozent der Teilzeitkräfte wären bereit, ihre Arbeitszeit aufzustocken, im Schnitt um rund acht Stunden pro Woche. Knapp 60 Prozent der ausgestiegenen Pflegekräfte würden in ihren Beruf zurückkehren – mit durchschnittlich 28 Stunden pro Woche. Das sind mehr potentielle Berufsrückkehrer*innen als noch in der kleinen Pflegecomeback-Studie des Instituts Psyma Health & Care, die 2018 im Auftrag des Medizinprodukteherstellers Hartmann veröffentlicht wurde: Damals gaben 48 Prozent der Befragten an, sich einen Wiedereinstieg vorstellen zu können – wenn die Bedingungen stimmen.*
Unter welchen Voraussetzungen würden Pflegefachkräfte Stunden aufstocken oder in den Beruf zurückkehren? Besonders wichtig ist ihnen Wertschätzung und Respekt (92 %) sowie mehr Sensibilität für die Belastungen in der Pflege (91 %), so die Bremer Studie. Hier ist der Faktor Zeit wesentlich: Gewünscht wird mehr Zeit für eine fachlich hochwertige Pflege (87 %) und menschliche Zuwendung (86 %). Damit korreliert eine Personalbemessung, die sich am Bedarf der Patient*innen orientiert – sie wird von 86 Prozent der Befragten gefordert. Eine höhere Bezahlung wünschen sich 84 Prozent: Dabei ist den unter 35-Jährigen ein höheres Grundgehalt wichtiger als den über 50-Jährigen.
Weitere wichtige Aspekte sind die Tarifbindung eines Betriebs, mehr Mitsprachemöglichkeiten in betrieblichen Abläufen, zum Beispiel bei der Dienstplanung, und verlässliche Arbeitszeiten. Interessant: Wiedereinstiegsprämien oder spezielle Wiedereinstiegskurse spielen für potentielle Berufsrückkehrer*innen nicht die entscheidende Rolle. Wichtig ist ihnen vielmehr eine geregelte und strukturierte Einarbeitung beim Wiedereinstieg.
Was können Einrichtungen tun, um Berufsrückkehrer*innen und Teilzeitkräfte zu motivieren? Die Autoren der Bremer Studie geben eine Reihe von Handlungsempfehlungen:
Berechtigte Forderungen, doch wie sollen sie finanziert werden? Hier bleiben die Autor*innen vage: „Es wird unumgänglich sein, die Finanzierungsgrundlage im Bereich der Pflege- und Krankenversicherung im Sinne einer Bürgerversicherung auszuweiten“. Die höheren Kosten dürften jedoch nicht zu Lasten der Pflegebedürftigen gehen.
Jennie Auffenberg / Moritz Heß, Pflegekräfte zurückgewinnen – Arbeitsbedingungen und Pflegequalität verbessern: Bericht zur Studie „Ich pflege wieder, wenn …“ der Arbeitnehmerkammer Bremen und des SOCIUM der Universität Bremen, Download
HARTMANN #PflegeComeBack Studie: Hintergründe zu Ausstieg und Rückkehr in den Beruf, 12 Seiten, 2018, Download
Studie zur „Arbeitsplatzsituation in der Akut- und Langzeitpflege und Ermittlung sowie modellhafte Implementierung von Indikatoren für gute Arbeitsbedingungen in der Langzeitpflege“: Um zu erfahren, was Kriterien für gute Arbeitsbedingungen in der Langzeitpflege sind und wie sie erfüllt werden können, hat das Bundesministerium für Gesundheit das IGES Institut GmbH Berlin und das Institut für angewandte Wirtschaftsforschung mit einer Studie beauftragt. Erste Erkenntnisse sollen bereits in diesem Jahr vorliegen; der Abschluss der Studie ist im Februar 2022 geplant.
Berufsverbleib und Wiedereinstieg von Pflegefachpersonen in Schleswig-Holstein: Eine Studie im Auftrag der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein
Erstes Fazit: für potenzielle Wiedereinsteiger*innen sind die Felder Arbeitsbedingungen, Gehalt, Wertschätzung und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf von entscheidender Bedeutung. Abschließendes Ergebnis der Studie bis Sommer 202.
Die Online-Börse Pflegereserve vermittelt und vernetzt Menschen aus der Akut- und Langzeitpflege und Eingliederungshilfe mit Versorgungseinrichtungen, die Personalbedarf haben
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