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Einst Modewort, heute gesellschaftliches Leitmotiv – die Nachhaltigkeit. Von der Mobilität über den Konsum bis zum Reisen und Bauen soll alles nachhaltig sein, fordern gleichermaßen junge Aktivisten wie etablierte Parteien. Allgegenwärtiger Fixpunkt ist der Klimawandel mit gigantischen Herausforderungen: Energiewende, Armutsbekämpfung, Bewahrung der Biodiversität und Ressourceneinsparung, um nur die wichtigsten zu nennen. Auch in der Sozialwirtschaft ist Nachhaltigkeit als Querschnittsthema aller Leistungsbereiche längst angekommen. „Nachhaltigkeit ist eine unverzichtbare Voraussetzung für die langfristige Wertschöpfung und ein zentrales strategisches Vorteilsfeld“, so die Kernbotschaft eines aktuellen Reports der Bank für Sozialwirtschaft. Was auf die Unternehmen zukommt, welchen Nutzen sie daraus ziehen können, erläutert Markus Sobottke, Teamleiter Research bei der BFS Service GmbH, gegenüber der Trendinfo-Redaktion.
Markus Sobottke: Hier sehe ich drei zentrale Gründe. Erstens ist die Sozialwirtschaft eine wichtige Säule für das Erreichen von Nachhaltigkeitszielen. Hieraus erwächst eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung jedes einzelnen Trägers.
Zweitens wird das Thema Nachhaltigkeit auf betrieblicher Ebene und in sämtlichen Unternehmensbereichen immer wichtiger. Beispielsweise, wenn es um die Attraktivität als Arbeitgeber, die Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen und Spender*innen sowie die Kundenbindung geht. Aktuell gewinnen Bemühungen zum Senken der Energiekosten stark an Bedeutung. Perspektivisch wird die Nachhaltigkeit der betrieblichen Aktivitäten auch relevant für den Zugang zum Kredit- und Kapitalmarkt.
Genau, weshalb ich zum dritten Punkt komme. Die Akteure der Sozialwirtschaft sollten sich mit dem Thema beschäftigen, um gemeinsam klare Forderungen an die Ausgestaltung der Rahmenbedingungen für die angestrebte Transformation ihrer Branchen zu stellen. Dies betrifft insbesondere die Schaffung geeigneter Refinanzierungs- und Anreizstrukturen in den leistungs- und ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen.
Das Thema Nachhaltigkeit sollte umfassend in der Unternehmensstrategie verankert werden. Dazu sind die entsprechenden Handlungsfelder im eigenen Unternehmen zu identifizieren sowie die jeweiligen Ziele und Strategie für deren Erreichung. Zudem besteht eine hohe Dringlichkeit für die Professionalisierung des nachhaltigkeitsbezogenen Datenmanagements. Der zentrale Grund hierfür ist die auf EU-Ebene geplante Ausweitung und Verschärfung der Berichts- und Offenlegungspflichten für Unternehmen und Finanzmarktakteure im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit.
Auch für die Vermögensanlage von Stiftungen und sozialen Organisationen haben Nachhaltigkeitsaspekte erheblich an Bedeutung gewonnen. Dadurch erhöht sich die Komplexität von Anlageentscheidungen spürbar.
Häufig in der Steigerung der Energieeffizienz der Immobilien, einer größeren Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern und der Elektrifizierung der Fahrzeugflotte. Bedeutsam ist auch ein nachhaltiges Beschaffungs- und Ressourcenmanagement. Ein neuralgischer Punkt ist in vielen Einrichtungen die Verpflegung. Ersten Erkenntnissen zufolge hat sie zum Beispiel in der stationären Pflege durchschnittlich einen Anteil von knapp 50 Prozent an den CO2-Emissionen.
Orientierung geben die sogenannten ESG-Kriterien, also die Leitlinien auf europäischer Ebene für die Nachhaltigkeit einer Wirtschaftsaktivität in den drei übergeordneten Dimensionen Umwelt- und Klimaschutz, Soziales und Unternehmensführung.
Die Basis bildet der im Jahr 2018 beschlossene EU-Aktionsplan „Sustainable Finance“. Mit ihm ist eine tiefgreifende Veränderung des Finanzmarktes verbunden. Maßgebliche Grundlage für die Umsetzung des EU-Aktionsplans ist ein Klassifizierungssystem für Nachhaltigkeitsaktivitäten – die sogenannte Taxonomie. Sie legt fest, welche unternehmerischen Aktivitäten in der EU als ökonomisch und sozial nachhaltig gelten. Die Taxonomie befindet sich noch in der Entwicklung und ihre Einführung erfolgt stufenweise. Aus den bisher von der Taxonomie erfassten Umweltzielen ergeben sich für die Einrichtungen und Dienste der Sozial- und Gesundheitswirtschaft insbesondere Anforderungen an Immobilien, die Energieversorgung und die Mobilität.
Hier ist in der Tat hohe Wachsamkeit geboten. Von der angedachten Erweiterung der Berichtspflicht wären beispielsweise im Krankenhaussektor rund zwei Drittel der Unternehmen betroffen. Perspektivisch könnten auch kleine und mittlere Unternehmen berichtspflichtig werden.
Hierauf sollten sich die sozialen Organisationen zeitnah vorbereiten – durch den Aufbau eigener Kapazitäten oder durch eine externe Unterstützung.
Schon im Beratungsprozess bei Finanzierungen werden entsprechende Risiken, aber auch positive Auswirkungen der Sozialunternehmen im Rahmen eines standardisierten Ratings erfasst und bewertet. Dies ist bereits eine wichtige Orientierungshilfe für die Kunden. Der steigenden Komplexität von Anlageentscheidungen trägt die BFS mit einer digitalen Vermögensverwaltung „GemeinwohlInvest“ für institutionelle Anleger aus der Sozialwirtschaft Rechnung.
Eine umfassende Beratung für Nachhaltigkeit bei der Projektentwicklung und energetischen Sanierung speziell von Sozialimmobilien bietet die BFS Service GmbH an. Hiermit verbunden ist der Zugang zu den relevanten Fördertöpfen.
Auch die von der BFS Service GmbH erbrachten Analyse- und Beratungsleistungen im Hinblick auf Geschäftsmodelle und die Arbeitgeberattraktivität berücksichtigen alle relevanten Nachhaltigkeitsziele. Insofern leisten sie einen wichtigen Beitrag zu den steigenden Anforderungen an die Berichterstattung. Mit den sich dynamisch entwickelnden Rahmenbedingungen werden auch die Unterstützungs- und Beratungsleistungen der BFS in diesem Bereich ausgebaut. Ein Beispiel ist die Aufstellung der CO2-Bilanz für die Nachhaltigkeitsbeauftragten von Sozialbetrieben.
Fachserie „Erfolgsfaktor Nachhaltigkeit in der Sozialwirtschaft“,
Markus Sobottke / Sabrina Leuschen / Lisa Scharf, Köln, Juni 2022, 36 Seiten, Download
Der erste, jetzt vorliegende Teil, liefert eine Bestandsaufnahme zum Einstieg ins Thema.
Weitere Teile widmen sich den Aspekten „Soziale Nachhaltigkeit“, „Ökologische Nachhaltigkeit“ und „Nachhaltige Vermögensanlage“.
Sozialmanagement
Nachhaltigkeit in der Sozialwirtschaft: „Gehört in jede Unternehmensstrategie“
Sozialmarketing
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Soziales
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