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Obdachlosen zu einem Zuhause verhelfen, Wege aus der Armut weisen, Rückenwind für soziales und ökologisches Unternehmertum – drei kreative Initiativen zu drängenden gesellschaftlichen Herausforderungen. Dass sie zusätzlich auch Standards für professionelle Kommunikation setzten, machte sie zu Preisträgern beim 12. Wettbewerb Sozialkampagne der Bank für Sozialwirtschaft (BFS). Die Preisverleihung fand am 24. Mai 2022 im Rahmen der Online-Veranstaltung „Best Practice im Sozialmarketing“ des Kongresses der Sozialwirtschaft statt. Am 22. September werden die Kampagnen noch einmal auf dem Kongress der Sozialwirtschaft in Magdeburg gezeigt.
„Gutes sichtbar machen“ ist das erklärte Ziel des Wettbewerbs mit insgesamt 18.000 Euro Preisgeld. Teilnehmen konnten Vereine, Verbände, Unternehmen und Agenturen. „In der täglichen Zusammenarbeit mit sozialen Organisationen erleben wir, wie mit großer Energie und Einfallsreichtum viel Positives in unserer Gesellschaft bewirkt wird. Indem wir herausragende Sozialkampagnen prämieren, möchten wir soziale Themen stärker sichtbar machen“, sagte BFS-Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. Harald Schmitz in seiner Laudatio.
Eine unabhängige Jury wählte aus 60 Bewerbungen die innovativsten und wirkstärksten Kampagnen im Sozialmarketing aus. „Wichtigste Bewertungskriterien sind Idee und Innovationskraft, die Visualisierung der Kampagnenaussage und die öffentliche Wirkung“, erläuterte Jury-Mitglied Irmgard Nolte, Moderatorin der Veranstaltung und Vorständin der Kölner Kommunikationsagentur neues handeln AG. Berücksichtigung fand auch, ob Agenturen und Fotografen honorarfrei gearbeitet hatten oder Freischaltungen eingeworben werden konnten – solche Leistungen lassen Innovationsgehalt und Überzeugungskraft einer Sozialkampagne erkennen.
1. Preis (10.000 Euro):StrassenBLUES mit der Kampagne „Let me be safe“
Die meisten Menschen konnten während der Pandemie auf ihr familiäres Umfeld in den eigenen vier Wänden zählen. Obdachlose und wohnungslose Menschen hingegen waren auf sich selbst zurückgeworfen. Sie litten unter einem erschwerten Zugang zu Notunterkünften und fielen aus der öffentlichen Wahrnehmung heraus. Hier setzte der Hamburger Verein StrassenBLUES mit seiner Kampagne #letmebesafe für ein menschenwürdiges Zuhause an.
Der Verein stieß über Social Media eine öffentliche Diskussion an und übte Druck auf die Politik aus. Obdachlose nahmen ihr Anliegen selbst in die Hand und traten mit zentralen Forderungen vor die Kamera. Die Kampagne erzielte rasch deutschlandweite Resonanz – StrassenBLUES erhielt Spenden über mehr als 500.000 Euro, 70 Obdachlose wurden vor Corona und Winterkälte geschützt in Hostels untergebracht. Zusammen mit politisch Verantwortlichen in der Hansestadt laufen derzeit Planungen für das Vorhaben „Housing First”.
Was sagt die Jury? „Die gute Umsetzung auf Social Media hat ein großes Netzwerk an Unterstützern aktiviert und schnell Ergebnisse erzielt. Zudem bindet die Kampagne obdachlose Menschen aktiv mit ein und leistet einen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt.“
2. Preis (5.000 Euro): Der SoVD mit „Wie groß ist dein Armutsschatten?“
Angesichts steigender Mieten, Energiekosten und Inflationsraten droht vielen Menschen eine soziale Schieflage. Doch viele nehmen die eigene Armutsgefährdung nicht wahr, erfährt der Sozialverband Deutschland (SoVD e.V.) in seiner täglichen Arbeit. Diese Erkenntnis liegt der preisgekrönten Kampagne des SoVD-Landesverbandes Niedersachsen zugrunde. Zentraler Anlaufpunkt ist die Webseite mit einem Armutsrechner zur Ermittlung des eigenen „Armutsschattens“. Weitere Elemente des multimedialen Projekts sind Infos, Beratungsangebote, Veranstaltungstipps sowie ein Musik- und Filmwettbewerb. Präsenz bei Facebook und Instagram erweitert die Kampagne bundesweit. Dabei geht es um Armutsgefährdung und Prävention, um Themen wie Mindestlohn, Unterstützung für Alleinerziehende, Altersarmut und Inklusion. Die Landesverbände NRW und Schleswig-Holstein haben sich der Kampagne angeschlossen.
Was sagt die Jury? „Die Kampagne hat mit ihren unterschiedlichen Aktivitäten sehr viele Menschen erreicht und ihnen das Thema durch den Armutsrechner auf eine spielerische Art und Weise nähergebracht. Die Vielfalt der Aktionen, die Einbindung vieler ehrenamtlicher Kräfte, die sehr große Breitenwirkung und die professionelle Umsetzung, das hat uns als Jury überzeugt.“
3. Preis (3.000 Euro): SEND e.V. mit dem Projekt „Wege bereiten“
Sozialunternehmer*innen agieren als Impulsgeber auf dem langen Weg der sozial-ökologischen Transformation. Das Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland (SEND e.V.) möchte solchen Aktivitäten in Gesellschaft und Politik mehr Aufmerksamkeit verschaffen. Die Initiative versteht sich als Interessenvertretung für das Sozialunternehmertum, wirbt für öffentlichen Rückhalt und fördert die Vernetzung innerhalb der Branche. Anlässlich der Bundestagswahl 2021 trieb sie mit ihrer Kampagne #WegeBereiten den Diskurs um Soziale Innovationen an, kontaktierte Spitzenkandidat*innen der Parteien und setzte sich für bessere Finanzierungsinstrumente für Sozialunternehmen ein. Der Verein ging mit einer Web-Plattform, mit Wahlprüfsteinen, Videoclips, Social Media-Posts und öffentlichen Diskussionsveranstaltungen ans Werk. Lohn der Mühen: Zahlreiche Forderungen fanden sich im Koalitionsvertrag wieder.
Was sagt die Jury? „#WegeBereiten behandelt ein ganz wichtiges langfristiges Thema, das aber nicht unbedingt als politisch dringend empfunden wird. Die Kampagne hat es dennoch geschafft, die Politik zu aktivieren – das ist ein großartiger Erfolg.“
Selbst, wer keinen Preis erhielt, gehört zu den Gewinnern. Die zehn Bestplatzierten werden auf der Webseite zum Wettbewerb mit Projektbeschreibung und Kontaktdaten in Fachkreisen bekannt gemacht.
Naturgemäß orientierte sich die diesjährige Preisrunde thematisch und medial an den Problemen der zurückliegenden zwei Pandemiejahre. Da ging es etwa um Überzeugungsarbeit für die Corona-Schutzimpfung, um Solidarität mit benachteiligten sozialen Gruppen und um digitales Fundraising.
Zugleich schärfte der Wettbewerb den Blick auf zukunftsweisende Trends im Sozialmarketing. BFS-Chef Schmitz verwies darauf, dass die großen Non-profit-Kampagnen sozialer Organisationen in strategischer und crossmedialer Ausrichtung denen von Profit-Unternehmen durchaus ebenbürtig seien. Mit einem Unterschied: Weil soziale Organisationen meist keine umfangreichen Werbebudgets haben, ist die kreative Leitidee ausschlaggebend. Wenn die kreative Umsetzung gut ankommt, in Social Media geteilt und gelikt wird, verbreitet sich die Kampagne mitunter von selbst, auch ohne bezahlte Werbung.
Viele erfolgreiche Kampagnen bieten zudem die Möglichkeit zur Partizipation, um die Zielgruppe einzubeziehen. So erreichten sie jüngere Leute und begeisterten sie für ihre Anliegen.
In dem vor 25 Jahren aus der Taufe gehobenen Wettbewerb spiegelt sich der Wandel sozialwirtschaftlicher Herausforderungen. Geblieben ist die grundlegende Idee: engagierte Organisationen zu unterstützen, bestehende Hilfsangebote bekannt zu machen und wesentliche gesellschaftliche Anliegen in die Öffentlichkeit zu tragen.
Weitere Informationen zu den besten Beiträgen des aktuellen Wettbewerbs sowie Dokumentationen zu früheren Preisrunden, Best-Practice und Videopräsentationen unter www.wettbewerb-sozialkampagne.de
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