- Branchenvertreter fordern gezielten Ausgleich höherer Energieausgaben
- Kostenträger in den meisten Geschäftsfeldern nicht zu Verhandlungen über vollumfängliche Kompensation gestiegener Kosten bereit
- 70 Prozent mit verschlechterter Liquiditätssituation
- Hälfte der Befragten sieht sich zum Stopp von Immobilien- und Nachhaltigkeitsinvestitionen gezwungen
Im Auftrag der Bank für Sozialwirtschaft hat die BFS Service GmbH Einrichtungen und Organisationen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft sowie der Freien Wohlfahrtspflege zu den Auswirkungen der massiv steigenden Sach-, Energie-, Personal- und Lebensmittelkosten befragt. Die Ergebnisse des „Trendbarometer Sozial- und Gesundheitswirtschaft“ verdeutlichen den Bedarf an kurzfristigen Hilfsmaßnahmen, um die flächendeckende Versorgung weiterhin zu gewährleisten.
Im Rahmen der Befragung forderten die Branchenvertreter einen gezielten Ausgleich der gestiegenen Energiekosten, zügige und wirksame Entscheidungen der Politik und beschleunigte Verhandlungsprozesse zwischen Leistungserbringern und Kostenträgern. „Die Leistungserbringer benötigen schnellstmöglich Lösungen im Umgang mit den massiven Mehrkosten“, sagt Prof. Dr. Harald Schmitz, Vorstandsvorsitzender der Bank für Sozialwirtschaft. „Wird jetzt nicht zügig reagiert, droht eine kalte Strukturbereinigung infolge der Inflation.“
„Den Einrichtungen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft ist es nicht möglich, Kostensteigerungen durch höhere Preise aufzufangen. Sie sind von den Vergütungen durch die Kostenträger abhängig“, sagt Susanne Leciejewski, Geschäftsleiterin Beratung bei der BFS Service. In keinem Geschäftsfeld zeigten sich die Kostenträger bereit, die gestiegenen Kosten vollumfänglich zu kompensieren, wie aus der aktuellen Erhebung hervorgeht. Demnach gab eine Mehrheit der Befragten aus der ambulanten Pflege, der Eingliederungshilfe und der stationären Pflege an, dass die Kostenträger keinerlei Bereitschaft zeigten, diesbezüglich zu verhandeln. Eine teilweise Bereitschaft sei im Bereich Vorsorge- und Rehabilitation und im Krankenhauswesen erkennbar.
Die Kostenexplosion bringt viele Einrichtungen in Existenznöte. Fast 40 Prozent der Befragten gehen davon aus, im Jahr 2022 ein Jahresdefizit zu erwirtschaften. Mehr als 70 Prozent berichten von einer Verschlechterung der Liquiditätssituation. „Die Folge steigender Kosten bei gleichbleibender Vergütung sind Liquiditätsengpässe und der Stopp dringend notwendiger Investitionsvorhaben. Dies bedroht die flächendeckende Versorgung“, so Leciejewski. Rund die Hälfte der Befragten berichten, dass Projekte aus den Bereichen Nachhaltigkeit und Immobilien gestoppt oder gänzlich abgebrochen werden mussten. Damit lägen dringend notwendige energetische Sanierungen von Bestandsbauten auf Eis. „Träger und Organisationen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft können und wollen einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass Deutschland seine Nachhaltigkeitsziele erreicht“, unterstreicht Prof. Schmitz. Dazu bedarf es eines Investitionsspielraums, der jedoch in weite Ferne rückt, wenn die Einrichtungen nicht kostendeckend arbeiten können.
Für das „Trendbarometer Sozial- und Gesundheitswirtschaft“ hat die BFS Service GmbH ausgewählte Vertreter*innen von insgesamt mehr als 1.000 Einrichtungen in den Branchen und Leistungsfeldern des Sozial- und Gesundheitswesens sowie der Freien Wohlfahrtspflege befragt. Die Umfrage wurde vom 16. September bis zum 6. Oktober 2022 durchgeführt.