- Wirtschaftliche Lage hat sich seit November 2023 nicht weiter verschlechtert, bleibt jedoch angespannt
- Fast die Hälfte der Trägerorganisationen erwartet für 2024 ein Jahresdefizit
- Vergütungsverhandlungen zählen zu den größten Herausforderungen
- Investoren sind weiterhin zurückhaltend
Die wirtschaftliche Lage von Unternehmen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft ist weiterhin äußerst angespannt. Im Vergleich zur Situation vor einem halben Jahr hat sie sich aber erstmals nicht mehr verschlechtert. Die Branche steht unverändert großen Herausforderungen gegenüber. Um die Versorgungssicherheit aufrechtzuhalten, ist eine angemessene Finanzierung für die Sozial- und Gesundheitswirtschaft dringend geboten. Das sind Ergebnisse des vierten „Trendbarometer Sozial- und Gesundheitswirtschaft“, das die SozialGestaltung im Auftrag der SozialBank durchgeführt hat. Themen waren die aktuelle wirtschaftliche Lage, die gegenwärtigen Herausforderungen, Investitionsanlässe und die Auswirkungen von gesetzlichen Reformbestrebungen.
Etwa die Hälfte der Befragten (51,4 %) gibt an, dass die wirtschaftliche Situation des Gesamtunternehmens in den nächsten sechs Monaten als „angespannt“ oder „sehr angespannt“ empfunden wird. Beim dritten Trendbarometer von November 2023 waren dies noch 82 %. Erstmals seit Beginn des Trendbarometers im September 2022 schätzen die befragten Träger ihre wirtschaftliche Situation nicht schlechter als bei der vorherigen Umfrage ein. Dennoch liegen die Werte deutlich unter denen von 2022 und Anfang 2023. So erwartet weiterhin fast die Hälfte der Befragten (46 %) für das Jahr 2024 ein negatives Jahresergebnis.
Die Ergebnisse zeigen Herausforderungen bei den Vergütungsverhandlungen mit den Kostenträgern auf. Erstmals werden diese neben dem Fachkräftemangel und personalbedingten Belegungsrückgängen als eine der größten Schwierigkeiten genannt. Mit den erwarteten Vergütungssatzerhöhungen können die wirtschaftlichen Defizite weiterhin nicht kompensiert werden. „Es liegt an den Kostenträgern, eine ausreichende Finanzierungsgrundlage für soziale Anbieter sicherzustellen“, sagt Susanne Leciejewski, Geschäftsführerin der SozialGestatung. „Nur so kann die soziale Infrastruktur die Versorgungssicherheit der Bevölkerung langfristig aufrechterhalten.“
Die Investitionsschwerpunkte für das Jahr 2024 liegen vor allem im Bereich des Personals. „Angesichts begrenzter finanzieller Mittel besteht die Gefahr, dass andere wichtige Investitionsbereiche wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit vernachlässigt werden“, sagt Susanne Leciejewski. Es sei entscheidend, dass soziale Organisationen langfristig bestehende Investitionsstaus auch in diesen Bereichen überwinden, um ihre Geschäftsmodelle zukunftsfähig weiterzuentwickeln. Nur so könnten soziale Organisationen die Vorreiterrolle in Wirtschaft und Gesellschaft übernehmen, die von ihnen erwartet wird.
Der Transaktionsmarkt zeigt sich weiterhin verhalten, was sich in weniger geplanten Übernahmen und Ankäufen widerspiegelt. 48,6 % der befragten Unternehmen gaben an, im letzten halben Jahr keine Transaktionen geplant zu haben, gegenüber 35,7 % im Zeitraum Februar bis August 2023 (-12,9 %). „Um das erforderliche Kapital zu mobilisieren, ist es entscheidend, das Vertrauen der Investoren in die wirtschaftliche Stabilität der sozialen Unternehmen wiederherzustellen“, sagt Susanne Leciejewski. „Ohne privates Kapital werden die Herausforderungen nicht bewältigt werden können.“
Die Ergebnisse unterstreichen, dass politische Entscheidungsträger und Kostenträger dringend eine angemessene Finanzierung für die Sozial- und Gesundheitswirtschaft gewährleisten müssen. Auf der anderen Seite ist es für Leistungserbringer erforderlich, effiziente und schlanke Organisationsstrukturen aufzubauen, Expertise, Ressourcen und Know-how zu teilen, Verhandlungskompetenzen gegenüber den Kostenträgern zu stärken und die Angebotsstrukturen weiterzuentwickeln. In diesem Prozess kann professionelle Beratung unterstützend wirken.
Für das vierte „Trendbarometer Sozial- und Gesundheitswirtschaft“ hat die SozialGestaltung im Auftrag der SozialBank im Zeitraum vom 4. April bis 5. Mai 2024 ausgewählte Vertreterinnen und Vertreter von über 1.800 Einrichtungen im Sozial- und Gesundheitswesen befragt. Das „Trendbarometer Sozial- und Gesundheitswirtschaft“ ist abrufbar unter: www.sozialbank.de/news-events/publikationen/bfs-trendbarometer
Die Ergebnisse des aktuellen Trendbarometers erläutert Susanne Leciejewski im neuen Podcast der SozialGestaltung, der sich mit relevanten Themen für die Sozial- und Gesundheitswirtschaft befasst. „SozialGestaltung – Der Podcast“ ist auf allen gängigen Plattformen zu finden oder direkt unter: https://sozialgestaltung.de/podcast/#trendbarometer