- Inflationsbedingte Kostensteigerungen weiterhin nur unzureichend kompensiert
- Signifikante Ertragseinbußen infolge des Fachkräftemangels
- Rückgang der Eigenmittel verhindert notwendige Investitionen und gefährdet die Versorgungsqualität
Die BFS Service GmbH hat im Auftrag der Bank für Sozialwirtschaft Einrichtungen und Organisationen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft zu den Auswirkungen der steigenden Sach-, Energie-, Personal- und Lebensmittelkosten sowie dem Handlungsbedarf in zentralen Leistungsfeldern befragt. Die Ergebnisse des zweiten „Trendbarometer Sozial- und Gesundheitswirtschaft“ unterstreichen die jüngsten Hilferufe der Leistungserbringer in Richtung Politik. Demnach lassen sich die Anforderungen hinsichtlich Leistungsangebot und Versorgungsqualität nur dann weiterhin erfüllen, wenn zügig stabile gesetzliche Rahmenbedingungen zum wirtschaftlich tragfähigen Betrieb sozialer Einrichtungen geschaffen werden.
Die Befragten sehen im Fachkräftemangel, den Energiekostensteigerungen und Lohnkostensteigerungen die wesentlichen wirtschaftlichen Herausforderungen des Jahres 2023. Die Hälfte von ihnen schätzt die zukünftige wirtschaftliche Situation ihres Unternehmens als angespannt ein. „Die Einrichtungen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft werden zwischen zwei Mühlsteinen zerrieben: Auf der einen Seite inflationsbedingte Mehrkosten, die von den Kostenträgern weiterhin nur unzureichend kompensiert werden. Auf der anderen Seite Ertragseinbußen, weil aufgrund des Personalmangels Aufnahme- und Behandlungskapazitäten gesenkt werden müssen. Die Kombination aus steigenden Ausgaben und sinkenden Erträgen ist dauerhaft für keine Organisation tragbar“, sagt Prof. Dr. Harald Schmitz, Vorstandsvorsitzender der Bank für Sozialwirtschaft. „Die soziale Infrastruktur ist akut bedroht und es bedarf dingend eines korrigierenden Eingriffs durch die Politik“.
Auf der Ertragsseite zeigen sich zunehmend die Auswirkungen des Personalmangels. 92 Prozent aller Befragten geben an, dass reduzierte Aufnahmekapazitäten infolge fehlenden Personals bereits zu Ertragsrückgängen geführt haben. Bei einzelnen stationären Pflegeeinrichtungen und ambulanten Pflegediensten betragen diese mehr als 50 Prozent.
Infolge der inflationsbedingten, nicht kompensierten Mehrkosten berichten 60 Prozent aller Befragten von einer Verringerung der Liquidität. Den gestiegenen Ausgaben stehen nur unzureichend angepasste Vergütungen durch die Kostenträger gegenüber. Rund ein Drittel der Befragten berichtet, dass die Kostenträger keine Bereitschaft zur Kompensation der inflationsbedingten Mehrkosten zeigen, fast zwei Drittel berichten von einer teilweisen Bereitschaft.
Mehr als 40 Prozent der Befragten erwarten für das Jahr 2023 ein negatives Jahresergebnis. Schon das Jahr 2022 hatten 30 Prozent mit einem Defizit abgeschlossen. „Den sozialen Organisationen gehen die Eigenmittel aus, um eigentlich notwendige Investitionen in Personal, Digitalisierung, Immobilien und andere Bereiche zu tätigen. Genau das wäre aber notwendig, um auf Kosten- und Ertragsseite wirksame Fortschritte erzielen zu können“, erklärt Susanne Leciejewski, Geschäftsleiterin Beratung bei der BFS Service. „Der Investitionsstau in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft ist ohnehin schon immens. Die derzeitige Entwicklung vergrößert ihn noch weiter. Das geht letztlich zu Lasten der Leistungsempfänger, denn das Versorgungsangebot und die Leistungsqualität lassen sich unter diesen Voraussetzungen nicht halten, geschweige denn ausbauen. Hier ist die Politik gefordert, mit Anpassungen der Rahmenbedingungen eine Versorgung der Hilfebedürftigen zu gewährleisten“.
Für das zweite „Trendbarometer Sozial- und Gesundheitswirtschaft“ hat die BFS Service GmbH erneut ausgewählte Vertreter*innen von insgesamt mehr als 1.000 Einrichtungen in den Branchen und Leistungsfeldern des Sozial- und Gesundheitswesens befragt. Zu den behandelten Themen gehören auch die politischen Hilfsmaßnahmen zum Abfedern der Energiekrise und das neue Personalbemessungssystem in der stationären Pflege. Die Umfrage wurde vom 25. Januar bis zum 21. Februar 2023 durchgeführt. Das erste Trendbarometer Sozial- und Gesundheitswirtschaft wurde im Oktober 2022 veröffentlicht.