Thomas Mertens engagiert sich seit seinem 16. Lebensjahr bei den Johannitern. Im November 2019 wurde der 56-jährige Rechtsanwalt und ehrenamtliche Helfer aus dem Regionalverband Köln/Leverkusen/Rhein-Erft ins Präsidium der Johanniter-Unfall-Hilfe gewählt. Hauptberuflich ist der Jurist als Senior Compliance Officer bei der SozialBank tätig. Senior Compliance Officer
Herr Mertens, was ist Ihre Rolle und Aufgabe bei den Johannitern?
Hier vor Ort im Regionalverband arbeite ich als ehrenamtlicher Helfer des Standortes Köln-Süd im Bevölkerungsschutz. Darüber hinaus engagieren wir uns im Sanitätsdienst, d.h. der medizinischen Betreuung von verschiedensten Veranstaltungen, z.B. Volksfesten, Sportereignissen und Konzerten. Bundesweit unterstützen ca. 45.000 ehrenamtliche Kolleg*innen die Johanniter in ihren verschiedenen Aufgaben, von sozialen Hilfsdiensten und dem Hospizdienst über Rettungshunde- und Drohnenstaffeln zur Vermisstensuche bis zur Betreuung von evakuierten Personen, sei es bei Großschadenslagen wie der Ahrtal-Flutkatastrophe oder im Rahmen von Bombenentschärfungen. In dem großen Spektrum der Tätigkeiten ist für fast jede*n etwas dabei.
Über meine aktive Mitarbeit in den Einsatzdiensten hinaus engagiere ich mich in den Gremien der Johanniter-Unfall-Hilfe. Nach vielen Jahren als Mitgliedervertreter auf Landesebene und als Delegierter auf Bundesebene wurde ich im November 2019 in das Präsidium der JUH gewählt. Das Präsidium der JUH ist zuständig für die Leitlinien der Verbandspolitik und die Überwachung der Geschäftsführung durch den Bundesvorstand. Des Weiteren bedürfen bestimmte Geschäfte oder Personalentscheidungen des Bundesvorstandes einer einer Zustimmung des Präsidiums. Es ist eine große Ehre und Verantwortung, an dieser Stelle für meine Organisation tätig sein zu können.
Besonders spannend an diesen beiden so unterschiedlichen Aufgaben finde ich, meinen Verein aus der Perspektive an der Basis einerseits und aus der übergreifenden Sicht eines Aufsichtsorgans andererseits zu betrachten. Diese „Klammer“ schafft aus dem Blickwinkel der Basis mehr Verständnis für Zusammenhänge, zugleicht bewirkt die Tätigkeit an der Basis eine Erdung bei den Managemententscheidungen.
Seit wann und warum engagieren Sie sich bei der JUH?
Meinen Mitgliedsantrag habe ich im Oktober 1985 abgegeben. Damals war ich sechzehn Jahre alt und bin beigetreten, um meinen Wehrersatzdienst zu leisten. Schon sehr schnell hat diese ursprüngliche Motivation aber keine große Rolle mehr gespielt. Es hat einfach Spaß gemacht, mit Gleichgesinnten in der Freizeit etwas Sinnvolles zu tun. Das in meiner Ausbildung zum Rettungssanitäter vermittelte medizinische Wissen war spannend. Und es war reizvoll, auch selber als Ausbilder Erste-Hilfe-Wissen zu vermitteln. Ich habe mich über jeden Kursteilnehmer gefreut, dem ich helfen konnte, seine anfänglichen Hemmungen bei der Laienreanimation oder der Stabilen Seitenlage zu überwinden und beherzt zu agieren.
Ich bin sicher, dass unsere Gesellschaft ohne das ehrenamtliche Engagement – egal in welchem Bereich – ärmer wäre. Insbesondere das System der Einbindung von Ehrenamt in die staatliche Daseinsvorsorge, also z.B. Freiwillige Feuerwehren, THW und Hilfsorganisationen kennt man in vielen anderen Ländern so nicht. Darauf können wir in Deutschland stolz sein.
Wie sind Sie zur JUH gekommen?
Mein Weg zur JUH war eigentlich typisch für die damalige wie auch die heutige Zeit: Über die Nachwuchsarbeit. Am Gymnasium hatte ich Schulfreunde aus den oberen Stufen, die mich fragten, ob ich nicht beim Schulsanitätsdienst mitmachen wolle. Den Vorteil der regelmäßigen „Freistunden“, wenn man aus einem langweiligen Unterricht zu einem Notfall gerufen wurde, hatte ich natürlich schnell erkannt. Einer dieser älteren Mitschüler hat mich dann angesprochen, „doch mal zur JUH mitzukommen“. Gesagt, getan. Nach zwei oder drei Probeabenden war klar, dass ich meinen Ersatzdienst dort machen wollte.
Der Rest hat sich ergeben. Und mittlerweile arbeitet auch einer meiner Söhne als Notfallsanitäter bei den Johannitern.
Gibt es eine Verbindung zwischen Ihrem Beruf und Ihrem Ehrenamt? Wenn ja, welche?
Ich habe mein Ehrenamt immer als Ergänzung oder Alternative in meinem Erfahrungsportfolio betrachtet. Jura und Medizin sind ja grundsätzlich zwei sehr verschiedene Bereiche, auch wenn jeder Jurist hin und wieder einen Mediziner braucht, und umgekehrt. Ich wollte mein Hobby nie zum Beruf machen. Trotzdem hat es immer wieder Berührungspunkte gegeben: Bei meinen Arbeitgebern stelle ich mich selbstverständlich als Betriebshelfer zur Verfügung. Bei einem konnte ich sogar erreichen, dass für jedes Dienstgebäude ein Automatischer Externer Defibrillator (AED) angeschafft wurde.
Umgekehrt hilft mir meine Arbeit als Compliance Officer heute auch im Ehrenamt: Als Beauftragter des Präsidiums bin ich für Compliance-Fragen zuständig. Und dass ich heute bei der Hauptgeschäftsbank der Johanniter arbeite, hat wiederum sicherlich etwas mit einer gewissen Gemeinwohlorientierung zu tun.
Welches Erlebnis bei Ihrer Tätigkeit für die JUH ist Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben?
Aus fast 40 Jahren JUH gibt es natürlich sehr viele schöne Erlebnisse, über die ich berichten könnte. Ganz besonders beeindruckend war für mich der Großeinsatz zum Deutschen Evangelischen Kirchentag 2017 zum 500-jährigen Reformationsjubiläum in Berlin und Wittenberg. Immer wieder ein Highlight ist es auch, Jahr für Jahr viele Johanniter*innen aus ganz Deutschland zu unseren großen Karnevalseinsätzen in Köln begrüßen zu können und mit ihnen zusammen Dienst zu tun.
Emotional nachhaltig berührt hat mich ein Einsatz am Neujahrstag 2005 nach dem Erdbeben und Tsunami in Südostasien: Hier habe ich am Ziel eines psychisch enorm herausfordernden Verlegungstransportes vom Militärflughafen Köln-Wahn in das Emsland das für alle Beteiligten völlig überraschende Wiedersehen eines wechselseitig für tot gehaltenen Ehepaares miterleben dürfen.
Was liegt Ihnen besonders am Herzen?
Die ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen leisten neben ihrem Job einen unbezahlbaren Dienst für die Gesellschaft. Da es immer hilfsbedürftige Menschen geben wird, benötigen die Hilfsorganisationen ständig Nachwuchs. Deshalb meine Bitte an alle Leser*innen: Schauen Sie doch mal in Ihrem Zeitbudget nach, ob Sie nicht etwas für einen sozialen Dienst abzwacken können. Es werden keinesfalls nur Rettungsspezialisten gebraucht. Jemand, der Spaß am Tüfteln, Handwerken oder an der Pflege und Wartung von Material und Fahrzeugen hat, ist genauso gefragt wie das Organisationstalent in der Einsatzverwaltung oder der passionierte Koch im Verpflegungstrupp. Jede helfende Hand ist – unabhängig von Alter oder Vorqualifikation – willkommen!
Wenn der Wille vorhanden, aber die Zeit knapp ist, können Sie uns auch als Fördermitglied unterstützen. Sie werden damit ein echter Johanniter – sozusagen im Homeoffice.
Seit 1964 ist der JUH-Regionalverband Köln/Leverkusen/Rhein-Erft im Bevölkerungsschutz tätig. Das Engagement reicht von der Erste-Hilfe-Ausbildung über den Notrufdienst bis zum Rettungsdienst, von der ambulanten Pflege über die Seniorenberatung bis zum Hospizdienst – alles unter dem Leitspruch „Aus Liebe zum Leben!". Seit 1964 ist der JUH-Regionalverband Köln/Leverkusen/Rhein-Erft im Bevölkerungsschutz tätig.
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